Jerusalem, 16.2.00 (KAP) Im Zusammenhang mit dem neuen Grundsatzabkommen zwischen den Palästinensern und dem Vatikan ist der Apostolische Nuntius in Israel, Erzbischof Pietro Sambi, für Mittwoch ins israelische Außenministerium einbestellt worden. Es handle sich um ein "Dringlichkeitstreffen", heißt in einer Erklärung des Außenministeriums. Israel sei "sehr schockiert" über das neue Abkommen, das eine direkte Einmischung in die Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern darstelle.
In dem Abkommen wird unter anderem für Jerusalem ein international garantiertes Statut verlangt, das dem Charakter der Heiligen Stadt Rechnung trägt. Juden, Christen und Muslimen müsse Rechtsgleichheit eingeräumt und allen der freie Zugang zu den Heiligen Stätten ermöglicht werden. Das israelische Außenministerium betont dazu in seiner Erklärung, dass niemand Zweifel daran hege, dass in Jerusalem "Gewissensfreiheit und Religionsfreiheit für alle" herrsche. Auch sei der freie Zugang zu den Heiligen Stätten aller Religionen garantiert. "Deshalb lehnen wir energisch jede Erwähnung Jerusalems in dem erwähnten Dokument ab", so das Außenministerium. "Jerusalem, war, ist und wird künftig die Hauptstadt Israels sein. Kein Vertrag und keine Erklärung irgendwelcher anderer Elemente wird diese Tatsache ändern können", heißt es in der Erklärung weiter.
Vatikan weist Kritik Israels zurück
Der Vatikan wies am Mittwoch die Kritik Israels an dem am Dienstag unterzeichneten Grundlagenabkommen mit den Palästinensern zurück. Das Dokument berühre den Friedensprozess als solchen nicht, sondern regle die Präsenz und die Aktivitäten der katholischen Kirche in den palästinensischen Autonomiegebieten, betonte Vatikansprecher Joaquin Navarro-Valls zur Kritik aus dem israelischen Außenministerium. Er unterstrich, dass der Inhalt des Abkommens mit den Palästinensern nicht über das hinausgehe, was bereits durch die zuständigen Einrichtungen der Vereinten Nationen und in früheren Abkommen zwischen Israel und den Palästinensern festgesetzt worden sei.
Bezüglich des Status Jerusalems gehe das Dokument nicht auf territoriale oder Hoheitsfragen ein, die die beiden beteiligten Parteien - Israelis und Palästinenser - betreffen, unterstrich Navarro-Valls. Das unterzeichnete Abkommen beziehe sich auf die universale religiöse und kulturelle Dimension der heiligsten Stätten der Stadt, die von der internationalen Gemeinschaft anerkannt seien.
Die vatikanische Tageszeitung "Osservatore Romano" bewertete die Aussagen des Abkommens zu Frage des Status von Jerusalem als "Quelle tiefer Zufriedenheit und großer Hoffnung". Ein international garantiertes Statut für die Heilige Stadt sei eine unverzichtbare Voraussetzung für eine gerechte Lösung der Jerusalemfrage, betonte der Kirchenjurist und Experte für Nahostfragen, David-Maria Jaeger OFM, in einem Kommentar der Mittwochsausgabe.
Vertrag verursacht "Erdbeben in Nahost"
Die römische Zeitung "La Repubblica" kommentierte am Mittwoch das Abkommen, Johannes Paul II. habe "dem israelischen Plan, sich den arabischen Teil Jerusalems einzuverleiben, eine Absage erteilt". Das Treffen zwischen dem Papst und dem palästinensischen Präsidenten habe zwar nur 15 Minuten gedauert, "aber diese 15 Minuten lösten ein Erdbeben im Nahen Osten aus". Der Papst habe sich überraschend entschieden, während seiner Visite im Heiligen Land im März auch Jericho zu besuchen, "und sendet an Israel, die Vereinigten Staaten, Europa, die arabische Welt und die Vereinten Nationen eine unmissverständliche Botschaft", so die Zeitung. Damit formuliere der Vatikan "seine Position in einem internationalen Dokument, das zum Bezugspunkt für andere diplomatische Initiativen werden könnte".
Die Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" meinte zu dem Besuch des Papstes in Jericho, Arafat habe darum gebeten, Jericho als "Symbolstadt der von den Palästinensern verwalteten Territorien" dem Reiseprogramm hinzuzufügen. Johannes Paul II. habe "sofort Ja gesagt, ehe er die Mitarbeiter konsultierte. Das Reiseprogramm stand längst fest, war in jedem Detail abgestimmt. Jericho hinzuzufügen bedeutet für den Papst, dass alles komplizierter wird und angesichts eines unglaublich dichten Programmes von Treffen und Feierlichkeiten die Strapazen größer werden. Aber die Änderung auf Bitten Arafats ist eine Geste der Solidarität mit dem palästinensischen Volk. Die Beziehungen zu ihm werden auf die gleiche Ebene wie jene zu Israel gestellt."
KI/KAP (KathPress/Katolsk Informasjonstjeneste)