Zwischen Israel und den Palästinensern haben sich die Fronten in der Jerusalemfrage verhärtet
Jerusalem, 22.8.00 (KAP) Die beiden israelischen Oberrabbiner haben bei einem Treffen mit Ministerpräsident Ehud Barak ihre Ablehnung einer palästinensischen Oberhoheit über den Tempelberg in Ostjerusalem bekräftigt. Der aschkenasische Oberrabbiner Israel Meir Lau und der sephardische Oberrabbiner Barak Bashki Doron beharrten auf der Beibehaltung des Status quo, wie aus rabbinischen Kreisen verlautete. Israel müsse die Souveränität über den Tempelberg behalten.
Auf dem Tempelberg steht die Al-Aksa-Moschee, nach Mekka und Medina die drittwichtigste heilige Stätte des Islam. Zugleich war er Standort des im Jahr 70 n. Chr. zerstörten jüdischen Tempels. Eine Kommission des Rabbinats diskutiert derzeit den Bau einer Synagoge an dieser Stelle. Die Einsetzung dieser Kommission hatte in der islamischen Welt zu einem Sturm der Entrüstung geführt.
Das orthodoxe Judentum verbietet Gläubigen das Betreten des Tempelberges, da das ehemalige Allerheiligste des Tempels nicht mehr genau lokalisiert werden kann. Trotzdem reklamieren kleine Gruppen ultra-nationalistischer Juden immer wieder das Recht, auf dem Tempelberg zu beten, um die jüdischen Besitzansprüche auf den heiligen Bezirk deutlich zu machen.
Die palästinensische Autonomiebehörde hatte am Sonntagabend in Ramallah eine Erklärung veröffentlicht, in der betont wurde, eine Lösung der Jerusalem-Frage bleibt für die Palästinenser Vorbedingung für jede Friedenslösung mit Israel. «Ein echter Frieden ist ohne die Rückkehr Jerusalems unter palästinensische Souveränität unmöglich», erklärte die Behörde unter Vorsitz von Palästinenser-Präsident Yassir Arafat. Damit erteilte das Gremium jeder Form israelischer Kontrolle über Jerusalem und über die Heiligen Stätten der Christen und Muslime erneut eine Absage. «Die Jerusalem-Frage ist kein Gegenstand von Verhandlungen, nicht heute, nicht morgen und nicht in der Zukunft», hieß es.
Unterstützung erhielten die Palästinenser vom syrischen Außenminister Faruk Sharaa und Ägyptens Präsident Hosni Mubarak. In Alexandria bekräftigten beide die einheitliche arabische Jerusalem-Linie. «Das arabische Jerusalem gehört zu den besetzten arabischen Gebieten und muss deshalb wieder vollständig in arabische Souveränität übergehen», sagte Sharaa.
Der ägyptische Staatschef warnte die Palästinenser vor jeglichem Jerusalem-Kompromiss, da dies zu unkontrollierbaren Gewaltausbrüchen im ganzen Nahen Osten und zu einer neuen Terrorwelle führen würde. Kein Araber und kein Muslim sei befugt, auf Rechte an Ostjerusalem und seinen islamischen Heiligtümern zu verzichten, so Mubarak. Arafat dürfe nicht vergessen, dass die arabischen Staaten ein Mitspracherecht in Jerusalem hätten, hatte auch König Abdullah II. von Jordanien erklärt. Abdullah besuchte am Dienstag die palästinensischen Selbstverwaltungsgebiete und Israel und führte Gespräche mit Barak und Arafat.
Ägyptische Diplomaten machten unterdessen deutlich, dass die ägyptische Führung gemeinsam mit den Palästinensern nach einem neuen Vorschlag sucht, wie der Jerusalem-Streit beigelegt werden könnte. Israels Premier Barak forderte dementgegen Palästinenser und Syrer zu mehr Flexibilität in den Verhandlungen auf.
Die Frage der Kontrolle über das seit 1967 von Israel besetzte Ostjerusalem war der Hauptgrund für das Scheitern des Friedensgipfels im US-amerikanischen Camp David Ende Juli. Die Palästinenser fordern die Rückgabe Ostjerusalems und wollen dort die künftige Hauptstadt des Palästinenserstaates errichten.
Kathpress