Wiener Weihbischof Krätzl in westösterreichischen Kirchenzeitungen: Angst ist nicht im Sinne Jesu
Salzburg-Wien, 1.9.00 (KAP) Der Wiener Weihbischof Helmut Krätzl hofft darauf, dass das Beispiel Papstes Johannes XXIII., seine vertrauensvolle Öffnung zur Welt, der heutigen Kirche «die Augen öffnet». In die Kirche sei wieder «so viel Angst eingezogen», bedauerte Krätzl in einem Gespräch mit den westösterreichischen Kirchenzeitungen, «Angst vor dem Neuen, Angst vor der Welt und Angst vor dem offenen Dialog». Diese Angst könne «nicht im Sinne Jesu» sein. Der Roncalli-Papst habe der Kirche eine neue Sichtweise der «irdischen Wirklichkeiten» eröffnet, «bis hin, dass die Kirche von der Welt etwas lernen könne». Das habe nichts mit einem «anbiedernden Populismus oder Laxismus» zu tun gehabt, Johannes XXIII. hat nach den Worten Krätzls lediglich überall das Gute bewusst gesehen und angesprochen. Der Papst selbst habe seine Meinungen und Überzeugungen gehabt und diese auch klar geäußert - aber im Sinne eines offenen theologischen Dialogs. Krätzl: «Ich kann mich nicht erinnern, dass er - trotz massiver Gegenströmungen - jemanden diszipliniert hätte».
«Ich gebe ehrlich zu», stellte der Wiener Weihbischof im Rückblick auf die Ära Johannes XXIII. fest, «dieser alte Mann hat damals viel mehr als wir Jungen durchschaut, wie stark die Kirche in ihrer selbst gewählten Abschottung gegenüber allen 'feindlichen, modernistischen' Einflüssen von außen gefesselt war. Wir waren vom kirchlichen Aufbruch der fünfziger Jahre und der großen gesellschaftlichen Reputation der Kirche begeistert». Die Kehrseite dessen, die damalige starre Theologie und das «beinharte» Vorgehen gegen unangepasste Theologen, die «rigoristische» Morallehre habe seine Generation damals kaum wahrgenommen. Johannes XXIII. aber habe erkannt, wie sehr die Kirche eine Öffnung brauchte, sagte Krätzl, der den Papst während seiner Zeit als Zeremoniär Kardinal Königs auch persönlich kennen lernte.
Er verehre Johannes XXIII. «wegen dessen schlichter und tiefer Gläubigkeit, wegen seines Gottvertrauens, dass er so Großes und Neues wagte in der Kirche ohne die auch damals weit verbreitete Angst, was dabei alles schief gehen könnte; wegen seiner unerschütterlichen Zuversicht, dass der Geist Gottes die Kirche führt».
Kathpress