Kärtner Bischof in «Kleiner Zeitung» über jüngstes Vatikan-Dokument: «Man kann nicht alles sychronisieren» - Österreich soll sich der EU-Beitrittskandidaten aus Osteuropa «stärker annehmen» - Regierungsziel Schuldenabbau «sollte unbestritten sein» - Scharfe Kritik an «Taxi Orange»
Klagenfurt, 27.9.00 (KAP) «Es ist kein Luxus, sich seiner Identität zu vergewissern»: Mit diesen Worten nahm der Kärtner Bischof Egon Kapellari am Mittwoch das jüngste Dokument der vatikanischen Glaubenskongregation, «Dominus Iesus», gegen Angriffe in Schutz. Das Dokument vertrete mit der Betonung der Einzigartigkeit Christi ein Anliegen aller Kirchen. Christus sei «nicht eine gegen Buddha oder Mohammed austauschbare Offenbarung Gottes», sondern «das letzte, weil unausschöpfbare Wort des Vaters», so Kapellari in einem Interview der Kärtner «Kleinen Zeitung». «Dominus Iesus» bleibe ganz auf der Linie des Konzils, wenn unterstrichen werde, dass zur Kirche die Eucharistie und das Priester- wie Bischofamt als Sakrament gehörten und dass die eine Kirche ohne das Petrumsamt «nur fragmentarisch verwirklicht» sei. Der Bischof wörtlich: «Man kann nicht alles sychronisieren. Ökumenische Annäherung lässt sich oft nur in Polaritäten aussprechen.»
Zugleich räumte Kapellari ein, dass dem Dokument ein «etwas anderer Ton» gutgetan hätte und man ein Konsultationsverfahren hätte durchführen können. Auch über den Zeitpunkt der Veröffentlichung könne diskutiert werden: «Aber für eine massive Rom-Schelte taugt das Dokument nicht.»
Österreich soll EU-Osterweiterung forcieren
Der Kärntner Bischof äußerte sich auch zur politischen Situation Österrreichs nach Aufhebung der Sanktionen: «Zerschlagenes Porzellan wird oft lange nicht gekittet.» Es sei eine zentrale Aufgabe der österreichischen Zivilgesellschaft, den Menschen bewusst zu machen, «dass Österreich schon rein geografisch offen bleiben muss, für die EU-Staaten ebenso wie für die exkommunistischen Nachbarn». Gerade der EU-Beitrittskandidaten aus Osteuropa sollte sich Österreich «stärker annehmen», riet Kapellari. «Bei aller Legitimität von Eigeninteressen» sollte die «Generalperspektive» nicht aus dem Auge verloren werden. Die EU-Osterweiterung verursache Kosten, «aber es lohnt sich, diesen Preis zu bezahlen». Politiker und Medien, «die Geschäftsführer der Europäisierung», müssten den Menschen den tieferen Wert einer Europäisierung des Kontinents nahe bringen, so der Bischof: «Das Volk soll sich nicht irrational ängstigen müssen.»
Zu den Einwänden der Caritas gegen den Abbau des Sozialstaates durch die Regierung erklärte Kapellari wörtlich: «Einiges an dieser Kritik ist ganz und gar gerechtfertigt. Das Generalziel 'Schuldenabbau' sollte freilich unbestritten sein.» Österreich bleibe auch unter der jetzigen Regierung eine Demokratie, die im internationalen Vergleich gut bestehen könne, «auch wenn das Maß - vor allem rhetorisch - mitunter gefährdet ist».
Angesprochen auf etwaige Proteste, wenn er im Dezember an der Seite von Landeshauptmann Haider dem Vatikan einen Christbaum übergeben wird, sagte der Bischof: «Wir werden ruhig erwägen, was dienlich ist, damit nicht ein religiöses Symbol zum politischen Zankapfel wird.»
Haltung zu Homosexuellen in «biblischer Tradition»
«Das katholische Lehramt lehnt Diskriminierungen von homosexuell empfindenden Menschen ebenso ab wie das Ausleben dieser Neigungen»: So umschrieb Kapellari in dem Interview die Haltung der katholischen Kirche zu Homosexuellen, die zuletzt durch Äußerungen des Salzburger Weihbischofs Andreas Laun in Diskussion gekommen war. Diese Position erscheine vielen als hart, «entspricht aber biblischer Tradition». Das kirchliche Reden über diesen Lebensbereich müsste laut Kapellari «in jedem Fall unbedingt frei sein von arrogant klingenden Tönen».
Scharfe Kritik übte der Bischof an der neuen ORF-«Realtity-TV»-Reihe «Taxi Orange»: «Bei solchen Sendeformaten mischen sich Kommerz und Triebstrukturen zu einer kulthaften Banalität. Und ich finde es in der Tat ärgerlich, dass so etwas mit Sauerstoff versehen wird.»
Kathpress