Bonn-Genf, 27.10.00 (KAP) Der Generalsekretär des Weltkirchenrates, Konrad Raiser, hat die vatikanische Erklärung "Dominus Iesus" scharf kritisiert. Sie vertrete ein "imperialistisches" Ökumeneverständnis, da sie die eigene Tradition zum Maßstab der Ökumene mache, sagte Raiser in einem Interview mit der Wochenzeitung "Rheinischer Merkur". Darin liege ein Selbstwiderspruch.
Außerdem sei der in dem Schreiben vertretene Wahrheitsbegriff problematisch, da eine exklusiv gültige Wahrheit der Pluralität in der Welt nicht gerecht werden könne. Ein solcher Wahrheitsbegriff, so der Generalsekretär weiter, "dient vielleicht zur Beruhigung der Kirchen nach innen, aber sie löst das Problem nicht".
Zum Weltkirchenrat sagte Raiser, er habe das missionarisch-evangelistische Profil der Anfangszeit immer bewahrt. Die Christianisierung der Welt sei aber ein "absolut illusorisches Ziel". Eine wachsende Mehrheit der Menschen werde in anderen Religionen leben. Der Anteil der Christen an der Weltbevölkerung sei nicht gewachsen. Heute werde für die Weltgemeinschaft die Frage immer wichtiger, "wie wir im Geist des Evangeliums so zusammenleben können, dass unsere Verschiedenheiten nicht als Quelle von Konflikten ausgenutzt werden".
KI/KAP (KathPress/Katolsk Informasjonstjeneste)
27. oktober 2000