Vatikanstadt, 26.10.00 (KAP) Die jüdisch-katholische Historikerkommission zur Überprüfung der Vatikanakten zum Zweiten Weltkrieg hat eine weitere Dokumenteneinsicht angeregt. Dies bestätigte Vatikansprecher Joaquin Navarro-Valls am Mittwoch. Er betonte, dass ein bislang noch nicht offiziell veröffentlichter Zwischenbericht der derzeit in Rom tagenden Kommission eine "positive Wertschätzung" über das vom Vatikan zwischen 1965 und 1981 in einer elfbändigen Dokumentation veröffentlichte Material deutlich mache. Zugleich räumte Navarro-Valls ein, die Historiker sprächen in ihrem Papier davon, dass eine "weitergehende Dokumentation" von Vatikanakten erforderlich wäre, um in einigen Fragen Fortschritte zu erzielen.
Die Aktenpublikation über die Haltung des Heiligen Stuhls während des Zweiten Weltkriegs war von Papst Paul VI. 1965 veranlasst worden. Paul VI. beauftragte vier ausgewiesene Historiker mit der Publikation - einer von ihnen, Pater Pierre Blet, ist noch am Leben und hat erst vor kurzem eine für das allgemeine Publikum bestimmte Zusammenfassung seiner Forschungsergebnisse über die Haltung Pius XII. veröffentlicht.
Unmittelbar vor der Erklärung von Navarro-Valls hatte die französische Tageszeitung "Le Monde" gemeldet, der Bericht der Kommission kritisiere die bislang vorliegende Dokumentation des Vatikan als unzureichend. Die Aktensammlung reiche nicht aus, um wichtige Fragen über das Verhalten des Heiligen Stuhls angesichts des Holocaust zu klären. Viele der vorliegenden Dokumente könnten, so die Kommission laut "Le Monde", in ganz unterschiedliche Richtungen gedeutet werden. Unter anderem sei nichts darüber dokumentiert, wie der Vatikan die Berichte der Apostolischen Nuntien und der Bischöfe aus den Kriegsgebieten bewertet und welche Schlüsse er daraus gezogen habe.(ende)
26.10.2000 11:10
K200006721
KI/KAP (KathPress/Katolsk Informasjonstjeneste)
26. oktober 2000