Auseinandersetzung zwischen Israelis und Palästinensern über die Angriffe aus Beit Jala auf den Jerusalemer Vorort Gilo
Jerusalem, 29.10.00 (KAP) Israel beschuldigt Yassir Arafat, er wolle die gesamte christliche Welt in den Konflikt hineinziehen. In der vorwiegend von Christen bewohnten palästinensischen Stadt Beit Jala zwischen Jerusalem und Bethlehem seien Bewaffnete nahe von Kirchen positioniert, um israelische Gegenangriffe zu provozieren, sagte der Generalmajor der israelischen Armee, Giora Eiland. Damit wolle Arafat eine Verschlechterung der Beziehungen Israels zur christlichen Welt erreichen. Eiland sprach von einer "zynischen Aktion". Auch die israelische Presse warf Arafat vor, den Vatikan und den Westen gegen Israel aufbringen zu wollen. Beit Jala hat insbesondere für das lateinische Patriarchat von Jerusalem große Bedeutung.
Von Beit Jala aus war es in den vergangenen Tagen zu heftigen Beschuss auf den jüdischen Jerusalemer Vorort Gilo gekommen. Israel reagierte mit Hubschrauberangriffen. Die Beziehungen zwischen Beit Jala, einer eher wohlhabenden Stadt, und dem Jerusalemer Vorort Gilo waren in der Vergangenheit, auch zu den schlimmsten Zeiten der Intifada, gewaltfrei geblieben. Palästinenser betrachten Gilo als Siedlung auf ehemals palästinensischem Boden. Für die Israeli ist Gilo ein Vorort Jerusalems.
Die Tageszeitung "Ma'ariv" äußerte Besorgnis darüber, "dass die massiven Angriffe auf den christlichen Nachbarort die gesamte christliche Welt aufbringen könnten". Weiter heißt es: "Das ist genau das, was die Palästinenser beabsichtigen". Barak sei nun in der Zwickmühle: tatenlos zuzusehen, wie ein Jerusalemer Vorort Ziel der Angriffe werde, oder militärisch zu reagieren, was Israel auf internationaler Ebene großen Schaden zufügen würde, so die Zeitung weiter: "Die Palästinenser haben in Beit Jala eine Falle aufgestellt, uns bleibt nichts anderes übrig, als hineinzutappen".
Von palästinensischer Seite wurden die Anschuldigungen Israels zurückgewiesen. Nach Angaben der israelischen Tageszeitung "Yediot Ahronot" haben palästinensische Sicherheitskräfte die israelische Armee darüber informiert, sie hätten alles getan, um Angriffe auf Gilo zu unterbinden. So seien mehrere Personen, die an Schießereien beteiligt waren, festgenommen und eine nächtliche Ausgangssperre verhängt worden. Auch der lateinische Patriarch von Jerusalem, Michel Sabbah, stellte sich auf die Seite der Palästinenser. Bei einem demonstrativen Besuch Beit Jalas und eines palästinensischen Flüchtlingslagers sprach der Patriarch den Angehörigen der Opfer israelischer Angriffe sein Mitgefühl aus. Das palästinensische Volk könne nicht in Frieden und Würde leben, solange es keinen unabhängigen Staat habe, erklärte er.
Umstritten ist, ob der Konflikt zu einer weiteren Flucht von Christen aus dem Heiligen Land geführt hat. Die "Jerusalem Post" hatte behauptet, der Exodus "Hunderter von Christen" aus den palästinensischen Städten Gaza, Nablus, Ramallah und Bethlehem setze sich fort. Das israelische Außenministerium und ausländische Botschaften hätten den Christen Unterkünfte zugewiesen. Der Ordinariatskanzler des lateinischen Patriarchats, Raed Abusahlia, bezeichnete den Zeitungsbericht als "gebastelte Information". Auch die Pfarrer von Ramallah erklärten in der arabischen Presse, "nicht eine einzige christliche Familie" habe die palästinensischen Gebiete verlassen.
Kathpress
29. oktober 2000