Die rund 100 Schüler und Studenten erleben die Kämpfe zwischen Israelis und Palästinensern hautnah mit
Jerusalem, 4.12.00 (KAP) Trotz der Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern bleibt das katholische Priesterseminar in der Kleinstadt Beit Jala nahe Bethlehem vorerst geöffnet. Der Direktor des Priesterseminars, Pater Maroun Laham, berichtet, dass regelmäßig Kugeln und Bombensplitter im Innenhof des Seminars landen, Spuren der Kämpfe zwischen Palästinensern und Israels. "Die Israelis beschießen uns nicht gezielt, aber Irrläufer und Splitter können sie natürlich nicht kontrollieren", so der Priester.
Rund 100 Jugendliche, darunter 58 unter 18-Jährige, studieren im katholischen Seminar von Beit Jala. Sie und die sieben Priester versuchen, sich den derzeitigen Bedingungen anzupassen. In den ersten Tagen hätten die Jugendlichen furchtbar Angst vor den Schüssen und den Bombenexplosionen gehabt, inzwischen hätten sich alle daran gewöhnt. Zwei Drittel der Jugendlichen kommen aus Jordanien, berichtet Laham. "Dies bringt uns in ein moralisches Dilemma, denn jeden Tag könnte einer von ihnen erschossen werden", so der Geistliche. Tagtäglich riefen besorgte Mütter und Väter an, um sich nach ihren Kindern zu erkundigen.
Das Leben ist für die Seminaristen in Beit Jala stark eingeschränkt. Vor dem neuerlichen Ausbruch der Gewalt zwischen Israel und den Palästinensern halfen die älteren Studenten am Wochenende in benachbarten Pfarren aus. Auch die zwei Mal wöchentlich erlaubten abendlichen Ausgänge sind gestrichen. "Seit fast drei Monaten sind wir eigentlich Gefangene in Beit Jala, und das zehrt schon an den Nerven", meint der 18-jährige Wissam Massadeh.
Angesichts der bedrohlichen Lage wird das Seminar in Beit Jala die Weihnachtsferien zehn Tage früher als normal beginnen lassen. "Wir wollen, dass unsere Schüler mit ihren Eltern zusammen sind, und wir werden einen vierwöchigen Weihnachtsurlaub gewähren", erklärt Pater Laham. Er hoffe, dass das Seminar am 10. Jänner den Betrieb wie geplant wieder aufnehmen kann.
Kathpress
4. desember 2000