Pilger bleiben aus, wirtschaftliche Lage palästinensischer christlicher Familien wird immer aussichtsloser - Orden versucht zunehmender Abwanderung entgegenzuwirken
Jerusalem, 29.6.01 (KAP) Die Franziskaner haben sich besorgt über das Fehlen der Pilger und den Zustand der Heiligen Stätten in Jerusalem und im Heiligen Land geäußert. Seit dem neuen Ausbruch der Gewalt vor neun Monaten stünden die Heiligtümer leer, es kämen kaum Pilger, und die Arbeit der Ordensleute sei auf die Erhaltung von Monumenten beschränkt, beklagte Franziskaner-Kustos Pater Giovanni Battistelli in einem Rundschreiben aus Jerusalem an seinen Orden. Der Tourismus sei gleichsam "auf Null reduziert", und das habe "schwere Auswirkungen für alle in diesem Land".
Besonders wies P. Battistelli auf die zunehmend schwierigere wirtschaftliche Lage palästinensischer Familien hin. Immer mehr entschieden sich dafür auszuwandern. Ohne ihre Präsenz würden aber die Heiligen Stätten zu bloßen archäologischen oder musealen Monumenten. Der Orden versuche mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mittel, diese Entwicklung zu verhindern und die Familien nach Kräften zu unterstützen. So zahle man etwa Angestellten in den ordenseigenen Gästehäusern 75 Prozent ihres Lohnes weiter, damit sie ihre Familien erhalten können - obwohl die Gästehäuser geschlossen sind und kaum Arbeit anfällt. Mehr als die Hälfte der Eltern könne sich inzwischen das - ohnehin meist niedrige - Schulgeld für die vom Orden geführten Schulen nicht mehr leisten.
Die Franziskaner-Kustodie könne sich diese Hilfen aber nicht lange leisten; selbst wenn es rasch zu einer Beruhigung der politischen Lage kommen sollte, würde es noch einige Monate dauern, bis die Pilger wieder in größerer Zahl ins Land kommen, gibt der Franziskaner-Kustos zu bedenken. Er bittet daher dringend um internationale Unterstützung.
Der in Oslo eingeleitete Friedensprozess habe "keine echte Kultur des Friedens" gebracht, schreibt der Kustos. Auf beiden Seiten - bei Israelis wie Palästinensern - bestünden Vorbehalte und gegenseitiges Misstrauen. "Alle sprechen von der Notwendigkeit der Versöhnung, aber man ist nie zu einer echten und konkreten Haltung der Versöhnung gekommen", so der Franziskaner.
Kathpress
29. juni 2001