Beirut, 7.9.01 (KAP) Die maronitische Bischöfe haben erneut die Präsenz syrischer Truppen im Libanon verurteilt. In einer gemeinsamen Erklärung machen die Bischöfe die syrische Besetzungsmacht für den langsamen Niedergang des Libanon verantwortlich. Selbst in der Zeit der osmanischen Herrschaft habe sich der Libanon größerer Eigenständigkeit erfreut als heute.
Die Bischofskonferenz konstatierte unter dem Vorsitz des Patriarchen von Antiochien, Kardinal Nasrallah Sfeir, dass in dem einen Jahr seit ihrem ersten Aufruf nur einige zögerliche Anläufe erfolgt seien, um die Beziehungen zum "Bruderland Syrien" zu korrigieren. Der anzustrebende Zustand wäre, dass "zwei Brüder in verschiedenen Häusern leben und sich gegenseitig nicht in die inneren Angelegenheiten einmischen". Dass im Juni syrische Truppenteile aus Beirut und Umgebung abgezogen wurden, wird von den Bischöfen erwähnt, allerdings bezweifeln sie den permanenten Charakter dieser taktischen Aktion.
Besonders beklagen die Bischöfe, dass auf die "bescheidene Öffnung" eine Welle von Verhaftungen und Gerichtsverfahren gefolgt sei. Damit nehmen sie Bezug darauf, dass im August Exponenten der verbotenen "Forces libanaises" und Anhänger des exilierten Generals Michel Aoun in Haft genommen worden waren, und zwar auf Betreiben des wegen seiner prosyrischen Haltung umstrittenen Staatspräsidenten Emile Lahoud.
Die Bischöfe weisen darauf hin, dass die staatlichen Institutionen des Libanon einem Korrosionsprozess ausgesetzt sind. So wechsle das Parlament innerhalb von Tagen seine Haltung zu Grundrechtsfragen, Minister würden dem Regierungschef wider dessen Willen aufgezwungen, die Parlamentarier ignorierten das Volk, das sie gewählt habe, während sich infolge der Wirtschaftsrezession die Arbeitslosigkeit und die Emigration der Eliten weiter verschärften. Einzelne Kräfte könnten ihre illegalen Waffen behalten, heißt es im Blick auf die schiitische "Hezbollah", die den Südlibanon kontrolliert. Wörtlich heißt es: "Die Entscheidungen werden anderswo gefällt, außerhalb des Libanon. Die Entscheidungsträger sind keine Libanesen".
Die libanesische Regierung hatte im April alle pro- und anti-syrischen Kundgebungen verboten. Die Differenzen über die Gestaltung der Beziehungen zu Syrien, das seit dem Bürgerkrieg als Schutzmacht im Libanon militärisch präsent ist, prägen den politischen Diskurs im Land. Seit dem Abzug Israels aus dem Südlibanon im Mai 2000 und dem Machtwechsel in Damaskus ist das Verlangen nach Abzug der Syrer stärker geworden. Syrien hat noch rund 25.000 Soldaten im Libanon stationiert.
Kathpress
7. september 2001