Rom, 14.10.01 (KAP) Der Generalobere des Franziskanerordens, P. Giacomo Bini OFM, hat sich kritisch zu den Militärschlägen der USA und Großbritanniens in Afghanistan geäußert. Im Gespräch mit dem römischen Ordensnachrichtendienst VID sagte Bini, mit Gewalt werde stets nur weitere Gewalt erzeugt. Wenn das Recht auf Vergeltung zur allgemeinen Praxis werde, bewege sich die Menschheit geradewegs auf den Selbstmord zu, betonte der italienische Ordensmann. Bini erinnerte daran, dass die Franziskaner durch ihren Gründer Franz von Assisi dazu aufgerufen seien, sich selbst Räubern und Gewalttätern nicht mit Gewalt, sondern mit Vergebung und Versöhnung zu nähern.
In Italien gab es heftige Diskussionen um den für Sonntag angesetzten Friedensmarsch in Assisi, zu dem sich neben Ordensleuten und kirchlichen Gruppen auch zahlreiche italienische Politiker angesagt hatten. Die Vatikanzeitung "L'Osservatore Romano" bezeichnete den Streit in einem Kommentar als "unwürdiges Schauspiel" und kritisierte, der traditionelle Friedensmarsch in der Franziskusstadt werde immer mehr zu einem "Laufsteg für Politiker und Agitatoren".
Anglikanischer Bischof für Ende der Angriffe
Erstmals hat ein Bischof der anglikanischen Kirche von England ein sofortiges Ende der amerikanisch-britischen Angriffe auf Ziele in Afghanistan gefordert. Man dürfe nicht "Böses mit Bösem bekämpfen", sagte der Bischof von Salisbury, David Stancliffe, nach einer Meldung der Zeitung "The Sunday Telegraph". Mehr als 20.000 Menschen nahmen am Samstag an einer Friedensdemonstration in London teil. Auch in anderen britischen Städten fanden Veranstaltungen gegen die Militärschläge in Afghanistan statt.
Serviten: "Wir sind gegen Krieg"
Das derzeit in Rom tagende Generalkapitel des Servitenordens hat in einer einstimmig verabschiedeten Resolution betont, dass der Orden entschieden gegen Krieg sei. In der auch dem Papst übergebenen Note heißt es weiter: "Wir sind überzeugt, dass dauernder Friede nur bei einer absoluten Achtung der Würde des Lebens zu gewährleisten ist, indem der Hunger besiegt, die Entwicklung vorangetrieben wird. Internationale Solidarität, eine neue Wirtschaftsordnung in Gerechtigkeit und Wohlfahrt aller Menschen muss aufgebaut werden". Der Orden werde sich auf allen Kontinenten für diese Werte in Zusammenarbeit mit allen Menschen guten Willens einsetzen, sagte der aus Belgien stammende Generalprior der Serviten, P. Hubert M. Moons OSM.
100.000 Teilnehmer beim Assisi-Marsch
Rund 100.000 Menschen haben sich am Sonntag am diesjährigen Friedensmarsch von Perugia nach Assisi beteiligt. Mehr als 150 Vereine, Bewegungen und Parteien hatten zu der Veranstaltung aufgerufen, die in diesem Jahr im Zeichen der Attentate in den USA und der Militärschläge gegen Afghanistan standen. Das Spektrum der teilnehmenden Organisationen reichte von katholischen Pfadfindern bis zur kommunistischen Partei "Rifondazione Comunista". Durch den unerwartet starken Andrang von Teilnehmern aus ganz Italien kam es auf den Straßen rings um Perugia zu langen Staus.
Auf Spruchbändern traten die Teilnehmer für Frieden ein und kritisierten die Tötung von Zivilisten in den USA und in Afghanistan. Führende Politiker des Regierungslagers nahmen nicht an der Veranstaltung teil, von den Parteien der linken Mitte war unter anderem der frühere Ministerpräsident Massimo D'Alema vertreten.
Kathpress
14. oktober 2001