Vatikanstadt, 16.10.01 (KAP) Der Vatikan-Vertreter bei den Vereinten Nationen, Erzbischof Renato Martino, hat davor gewarnt, dass es künftig noch größere Terroranschläge als die vom 11. September geben könnte. In einer am Dienstag im Vatikan veröffentlichten Rede vor der UN-Generalsversammlung sagte Martino, die gegenwärtige Entwicklung mit immer mehr Waffen und immer mehr Armut werde zu noch schrecklicheren Tragödien als der vom 11. September führen. Nötig seien jetzt wirksame Schritte zur Beseitigung von Massenvernichtungswaffen und zur Ausrottung der Massenarmut in weiten Teilen der Welt. Wenn die globale Ungerechtigkeit fortbestehe, werde die Menschheit in den kommenden Jahrzehnten eine Zunahme der Konflikte erleben.
Martino betonte, die Schuldigen für die Anschläge sollten bestraft werden, doch müsse Gerechtigkeit und nicht Rache das Ziel des Handelns sein. Keinesfalls dürften noch mehr unschuldige Zivilisten Opfer von Tod und Zerstörung werden. Der Vatikan-Delegierte forderte eine genaue Analyse der Ursachen des neuen Terrorismus, dessen gemeinsamer Nenner der Hass sei. Die Armut in vielen Teilen der Welt sei zwar nicht der Grund für die Anschläge, doch müsse anerkannt werden, dass globale Ungerechtigkeit mit globaler Sicherheit nicht kompatibel sei. Soziale Ausgrenzung und unerträgliche Lebensbedingungen seien der Nährboden, auf den der Terrorismus warte.
Ausdrücklich wies Martino die Vermutung zurück, dass eine Untersuchung der Terrorismus-Ursachen bedeute, die Attentate zu entschuldigen. Doch wie jede ernsthafte Verbrechensbekämpfung könne auch der Kampf gegen den Terror sich nicht allein auf vermehrte Polizeiaktionen beschränken. Jede ernsthafte Kampagne gegen den Terrorismus müsse auch die sozialen, politischen und wirtschaftlichen Bedingungen angehen, die das Entstehen von Terrorismus begünstigten.
Ferner seien praktikable Fortschritte bei den internationalen Verträgen zur Beseitigung von Massenvernichtungswaffen jetzt nötiger denn je. Das Fortbestehen des Potenzials zur Massenvernichtung bedrohe die gesamte Menschheit, betonte Martino und fügte hinzu, Atomwaffen seien mit dem Frieden im 21. Jahrhundert nicht vereinbar.
Kathpress
16. oktober 2001