Patriarchen und Bischöfe der in Jerusalem vertretenen Kirchen appellieren an die Christen in aller Welt
Vatikanstadt, 21.10.01 (KAP) In einem eindringlichen Appell hat Papst Johannes Paul II. die neue Gewaltwelle im Nahen Osten, insbesondere in Bethlehem, beklagt. "Im Namen Gottes sage ich noch einmal: Gewalt ist für alle nur ein Weg des Todes und der Zerstörung, sie entehrt die Heiligkeit Gottes und die Würde des Menschen", rief er vor seinem Mittagsgebet im Vatikan. Das Heilige Land müsse endlich zu einem Land des Friedens und der Brüderlichkeit werden.
Krieg und Tod seien inzwischen bis auf den Platz vor der Geburtskirche in Bethlehem vorgedrungen, sagte der Papst. Er verwies zugleich auf die bedrohlichen Nachrichten aus den nahe gelegenen christlich dominierten Kleinstädte Beit Jala und Beit Sahour. Johannes Paul II. bekundete den Familien der Opfer der Gewalt seine "Verbundenheit im Schmerz, im Gebet und in der Hoffnung". Sie hätten das "Geschenk", in dem Land zu leben, das für Juden, Christen und Muslims heilig ist: "Das muss eine Verpflichtung für alle sein, es endlich zu einem Land des Friedens und der Brüderlichkeit zu machen".
"Unerträgliche Lage"
Die Patriarchen und Bischöfe der in Jerusalem vertretenen Kirchen haben einen dringenden Hilferuf an die internationale Gemeinschaft gesandt. Die Regierungen und Kirchen in aller Welt müssten von Israel verlangen, die "dramatische" Gewaltanwendung in den Palästinensergebieten zu stoppen, heißt es in dem gemeinsamen Appell. Besonders besorgt sei man über die Lage in der von israelischen Truppen zum Teil besetzten Stadt Bethlehem, dem "Geburtsort unseres Erlösers", den beiden Kleinstädten Beit Jala und Beit Sahour, in Jenin und Nablus.
Die Kirchenführer beklagen die Einschränkungen für die Menschen, die nun nicht mehr zu den Universitäten, Krankenhäusern und sozialen Einrichtungen gelangen könnten. Überall seien Panzer, überall würden Kinder traumatisiert. Manche Gebiete stünden unter Ausgangssperre.
Die Repräsentanten der Kirchen im Heiligen Land rufen die internationale Gemeinschaft auf, beim Kampf gegen den Terrorismus auch die israelischen Übergriffe in den palästinensischen Gebieten zu beachten. Die Welt dürfe das Vorgehen Israels nicht länger hinnehmen. Nur durch eine Wiederaufnahme der Friedensverhandlungen könne die derzeitige "unerträgliche Lage" beendet und eine gerechte Lösung gefunden werden, betonen die Kirchenvertreter.
"Würde wiederfinden"
Auch der lateinische Patriarch von Jerusalem, Michel Sabbah, forderte die westliche Gemeinschaft in einem Hirtenschreiben zum Eingreifen auf. An Israel appellierte Sabbah, die besetzten Gebiete "ihren rechtmäßigen Besitzern" zurückzugeben, damit Palästinenser und Israelis "die Würde wiederfinden können, die Gott ihnen gegeben hat".
Seit der Ermordung des israelischen Tourismusministers Rehavam Zeevi am Mittwoch haben israelische Streitkräfte zahlreiche Städte in den Palästinensergebieten angegriffen. Dabei kamen mehrere Palästinenser ums Leben, Dutzende wurden verletzt.
Kathpress
21. oktober 2001