Vizebürgermeister kündigte rechtliche Schritte gegen Bauverbot an und kritisierte Interventionen von Papst und Patriarch Sabbah
Jerusalem, 11.1.02 (KAP) Die umstrittene Moschee in Nazareth soll trotz eines Verbots der israelischen Regierung weiter gebaut werden. "Wir werden hier bleiben und solange beten, bis die Moschee gebaut ist", erklärte Nazareths Vizebürgermeister Salman Abu Ahmed, führendes Mitglied der islamistischen Bewegung der Stadt, laut einer Meldung der Tageszeitung "Jerusalem Post" vom Freitag. Auch lehnten die Christen der Stadt die Moschee nicht ab. "Im Gegenteil, gleich nach Bekanntwerden des Bauverbots kamen viele Christen zu uns, um ihre Unterstützung zum Ausdruck zu bringen", so Abu Ahmed weiter.
Muslimische Anwälte wollen den Berichten zufolge rechtliche Schritte zum Weiterbau der Moschee unternehmen, deren Errichtung 1998 vom damaligen Premierminister Ehud Barak genehmigt worden war. Die israelische Regierung hatte - dem Vernehmen nach auf Druck des Vatikans und der US-Regierung - am Mittwoch einen Baustopp für die geplante Moschee in unmittelbarer Nähe der katholischen Verkündigungsbasilika verfügt. Die Arbeiten seien "illegal" und müssten sofort beendet werden, heißt es in dem am Donnerstag veröffentlichten Beschluss.
Zudem wurde der Wohnungs- und Bauminister zum Chef einer Ministerkommission ernannt, die innerhalb von zwei Wochen einen Lösungsvorschlag vorlegen soll. Augenzeugen vor Ort berichteten, das Baugelände sei völlig abgeschirmt. Polizisten seien nicht zu sehen, Islamisten gingen jedoch unbehelligt aus und ein.
Der Streit um den von islamischen Fundamentalisten geplanten Bau in der Heimatstadt Jesu belastet seit zwei Jahren das Verhältnis von Christen und Muslimen sowie die Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und dem Staat Israel. Israel hatte nach der gewaltsamen Besetzung des Bauplatzes durch ortsfremde Muslime das Projekt zunächst untersagen wollen, auf islamischen Druck hin jedoch später einer Kompromisslösung zugestimmt, die lediglich eine kleine Moschee vorsah.
"Ärger" über Papst
Nazareths Vizebürgermeister drückte gegenüber der "Jerusalem Post" seine "Verärgerung" über Papst Johannes Paul II. aus. Der Papst und der lateinische Patriarch von Jerusalem, Michel Sabbah, seien die einzigen, "die Probleme mit der Moschee haben". Er sei "absolut überrascht", dass sich der Papst gegen das Projekt ausgesprochen habe. Abu Ahmed kritisierte, dass die israelische Regierung diesem und dem von US-Präsident George Bush ausgeübten Druck nachgegeben habe. Dem Vernehmen nach soll der Papst Bush in einem persönlichen Gespräch um Unterstützung gebeten haben.
Nach Informationen aus christlichen Kreisen in Nazareth ist der von Israel verhängte Baustopp noch nicht endgültig und hänge auch "vom Wohlverhalten der christlichen Kirchen ab". Dies habe man aus Gesprächen mit israelischen Regierungsvertretern entnommen. So sei Israel verärgert darüber, dass PLO-Chef Yassir Arafat seit Ausbruch der neuerlichen Intifada bereits zwei Mal im Vatikan empfangen, Außenminister Schimon Peres jedoch wegen "Terminschwierigkeiten" nicht vorgelassen worden sei. Auch werfe die israelische Regierung den christlichen Kirchen vor, die Gewalt von Palästinensern stillschweigend zu übergehen, Aktionen des israelischen Militärs jedoch anzuprangern.
Kathpress
11. januar 2002