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Publisert 3. april 2002 | Oppdatert 6. januar 2011

Sie wollen in die Geburtsstadt Jesu gelangen, um eine Eskalation der Lage dort zu verhindern - Bis zu 200 bewaffnete Palästinenser in Geburtskirche verschanzt

Jerusalem, 3.4.02 (KAP) Die Führer aller christlichen Kirchen Jerusalems haben sich am Mittwochvormittag auf den Weg nach Bethlehem gemacht. Nach Angaben des lateinischen Patriarchats von Jerusalem versammelten sie sich um 10 Uhr beim Check-Point Tantour. Man werde versuchen, die Kontrollstelle mit Autos zu passieren. Sollte die israelischen Sicherheitskräfte die Durchfahrt verweigern, wollen die Kirchenführer zu Fuß weitermarschieren, kündigten sie an.

Ziel sei die Geburtskirche in Bethlehem, die von israelischen Panzern umstellt ist. In der Kirche halten sich bis zu 200 bewaffnete palästinensische Sicherheitskräfte und Milizen verschanzt, aber auch Zivilisten, unter ihnen Frauen und Kinder, suchten laut den vorliegenden Berichten Zuflucht in der aus konstantinischer Zeit stammenden Basilika.

Mit dem Marsch nach Bethlehem wollen die Kirchen zum einen versuchen, eine Eskalation der Lage in der Geburtsstadt Jesu zu verhindern. Darüber hinaus wolle man beide Konfliktseiten, Israelis wie Palästinenser dazu bringen, alle Gewaltakte einzustellen. Die Kirchen sei vor allem mit der leidenden Zivilbevölkerung solidarisch, betonte der Pressesprecher und Ordinariatskanzler des lateinischen Patriarchats, Raed Abusahlia, in einer Mitteilung.

Israels Armee will Basilika schonen

Laut Agenturberichten hatten die bewaffneten Palästinenser am Dienstag die orthodoxen Priester der Geburtskirche in Bethlehem gezwungen, sie ins Gotteshaus einzulassen. Als sie sich den Weg zur Kirche im Kampf mit israelischen Soldaten frei schossen, seien mindesten vier von ihnen getötet worden. 20 sollen laut palästinensischen Angaben verwundet worden sein. Sie seien von den Priestern und Ordensfrauen notversorgt worden.

Nach Angaben eines RAI-Reporters halten sich 120 palästinensische Kämpfer in der Geburtskirche verschanzt, andere Quellen sprechen von bis zu 200. Die israelische Armeeführung erklärte, sie habe den Soldaten den Befehl gegeben, sich von Schüssen auf Kirchen zurückzuhalten. Man wisse um die hohe symbolische Bedeutung der Geburtskirche für viele Menschen in aller Welt.

Vor der Geburtskirche wurden laut Armeeangaben am Abend die Leichen von fünf erschossenen Mitgliedern der Al-Aksa-Brigade gefunden. Die Miliz, die der Fatah-Organisation des palästinensischen Präsidenten Yasser Arafat nahe steht, hat sich zu einer Reihe von Selbstmordanschlägen in Israel bekannt. Unter den palästinensischen Kämpfern in der Geburtskirche seien Mitglieder der Tanzim-Miliz Arafats. Sie hätten von der Kirche aus auf die Truppen Israels, die die Kirche umstellt haben, gefeuert.

Katholische Universität besetzt

Israelische Truppen waren in den vergangenen 18 Monaten mehrmals nach Bethlehem vorgerückt. Sie hatten stets Anordnung, heilige Stätten des Christentums und des Islam zu schonen. Allerdings waren andere kirchliche Gebäude im Zuge dieser Kämpfe beschädigt bzw. gezielt mit Raketen beschossen worden, da die Israelis palästinensische Kämpfer in unmittelbarer Umgebung vermuteten. So wurde im Oktober das vom Malteserorden betriebene Spital zur Heiligen Familie in Bethlehem stark in Mitleidenschaft gezogen.

Anfang März wurde die Katholische Universität in Bethlehem von fünf Raketen getroffen, dabei entstand erheblicher Sachschaden. Die Universität ist seit damals wegen der kriegerischen Auseinandersetzungen bis auf weiteres geschlossen. Laut dem Leiter der Hochschule, Pater Vincent Malham, haben am Dienstag mindestens 50 israelische Soldaten das Gelände der Universität besetzt.

Arafat warf Israel am Dienstag vor, die heiligen Stätten des Islams und des Christentums nicht zu respektieren. "Heute haben sie in Bethlehem die Geburtskirche umstellt und sie haben viele andere Kirchen und Moscheen angegriffen", sagte er in einem Telefoninterview dem arabischen Nachrichtensender Al-Jazira. Arafat wird in seinem Amtssitz in Ramallah - dem Al-Mukata-Kasernenkomplex - von der israelischen Armee festgehalten und ist weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten.

Intervention des Papstes bei Bush?

Der vatikanische Missionsnachrichtendienst "Fides" berichtete, in der orthodoxen Geburtsbasilika in Bethlehem und im anschließenden katholischen Konvent hielten sich neben den bewaffneten Palästinensern rund 40 Franziskaner sowie rund 30 orthodoxe und armenische Mönche auf. Im Kreuzgang des Konvents haben außerdem mehrere italienische Journalisten Zuflucht gesucht. Auf verschiedenen Ebenen gebe es hektische Bemühungen um einen Ausweg, damit ein Angriff auf die Kirche vermieden werden könne, die zu den heiligsten Stätten der Christenheit zählt.

Der Sprecher der Franziskaner-Kustodie im Heiligen Land, Pater David Jaeger, bat die fünf Journalisten, weiterhin in der Basilika zu verweilen. "Ich appelliere im Namen meiner belagerten und bedrohten Mitbrüder an die Journalisten, uns in diesem so schlimmen und gefährlichen Moment nicht im Stich zu lassen. Die Anwesenheit von Journalisten der italienischen öffentlich-rechtlichen Radio- und Fernsehanstalt und anderer Fernsehsender stellt für uns eine gewisse Garantie dar, zumindest gibt sie uns die Möglichkeit, der Welt von einer eventuellen Zuspitzung der Situation zu berichten. Ich appelliere dabei sowohl an das professionelle Können als auch an das menschliche Vermögen dieser Journalisten", so Jaeger laut "Fides".

Unterdessen berichtete die italienische Tageszeitung "La Stampa", Papst Johannes Paul II. plane eine persönliche Botschaft an US-Präsident George Bush, um diesen zu einem Eingreifen für den Frieden im Heiligen Land zu bewegen.

"Friedenskonvoi" schlug fehl

Der Versuch der Jerusalemer Kirchenführer, nach Bethlehem zu gelangen, schlug fehl. Der "Friedenskonvoi", dem sich rund 200 Christen angeschlossen hatten, sei nach mehr als einstündigen Diskussionen an der mit Panzern gesicherten israelischen Straßensperre zwischen Jerusalem und der acht Kilometer entfernten Geburtsstadt Jesu gescheitert, teilte der Ordinariatskanzler und Sprecher des lateinischen Patriarchats, Raed Abusahlia, mit.

An dem "Friedenskonvoi" nahmen nach Angaben Abusahlias neben Sabbah und dem Kustos des Franziskanerordens, P. Giovanni Battistelli, Bischöfe der griechisch-orthodoxen, der armenisch-apostolischen, der koptisch-orthodoxen, der anglikanischen und der evangelisch-lutherischen Kirche teil. Bei Sturm und Regen hätten die Kirchenführer nach einem Gebet die Einreise nach Bethlehem verlangt, seien aber von den Soldaten zurückgehalten worden. Es fehlte nach Auskunft der Soldaten eine schriftliche Erlaubnis des israelischen Verteidigungsministers, da die Stadt "militärisches Sperrgebiet" sei.

Wegen ihrer gewaltfreien Grundhaltung hätten die Bischöfe nicht versucht, den Weg trotz des Verbots fortzusetzen. "Wir wollten keine Konfrontation", so Abusahlia. Israelische Soldaten hätten allerdings die Zusage gegeben, einige Medikamente und Lebensmittel weiterzuleiten. Nach Angaben des Kanzlers liegen in den Straßen Bethlehems nach wie vor verletzte oder getötete Palästinenser. Zugleich bekräftigte er, dass entgegen anders lautenden Gerüchte am Dienstag keine christlichen Geistlichen oder Ordensleute zu Schaden gekommen seien.

Der lateinische Patriarch von Jerusalem, Michel Sabbah, sprach sich unterdessen dafür aus, den in der orthodoxen Geburtsbasilika in Bethlehem verschanzten Palästinensern Kirchenasyl zu gewähren. Voraussetzung sei, dass die Kämpfer ihre Waffen niederlegen. Die Kirche schulde dieses Recht jedermann, sei er Palästinenser oder Israeli. Sabbah kann allerdings nur für den neben der Geburtskirche liegenden Franziskanerkonvent sprechen. Die Geburtskirche selbst untersteht dem griechisch-orthodoxen Patriarchat von Jerusalem.

"Heilige Stätten gestürmt"

Nach Angaben eines israelischen Militärsprechers haben sich bewaffnete palästinensische Kämpfer auch in anderen Kirchen und heiligen Stätten in Bethlehem verschanzt. Die Palästinenser rechnen laut Armee damit, dass die israelischen Soldaten entsprechend ihren Befehlen die christlichen Kirchen respektieren und nicht beschießen oder betreten würden. Weil aus den Gotteshäusern heraus geschossen werde, sei die Lage "extrem gefährlich", so der israelische Sprecher. Daher könnten auch keine Journalisten nach Bethlehem gelassen werden. Nach Angaben der israelischen Armee halten sich derzeit 150 bis 400 Menschen in der Geburtskirche auf.

Unterdessen riefen deutsche Benediktinermönche in Jerusalem die christlichen Kirchen der Stadt auf, angesichts der Eskalation der Gewalt ab diesem Mittwoch jeweils um 15 Uhr als Friedensmahnung alle Glocken zu läuten. Nach den Worten des Priors der Dormitio-Abtei, Thomas Geyer, will die Abtei selbst vorerst bis zum 14. April jeweils zur Sterbestunde Jesu ihre Glocken läuten und um Frieden beten.

Der Jordanische Kirchenrat forderte die internationale Gemeinschaft auf, Druck auf Israel zur Beendigung der Angriffe auf christliche heilige Stätten auszuüben. In einer am Dienstagabend in Amman veröffentlichten Erklärung werden vor allem die europäischen Staaten sowie Menschenrechtsorganisationen aufgerufen, Israel zur Respektierung menschlichen Lebens zu verpflichten.

Die jordanischen Kirchenführer verurteilten das "brutale Vorgehen" Israels in den Palästinensergebieten und gegen Arafat. Unterzeichnet ist das Schreiben von den Führern der griechisch-orthodoxen, der griechisch-katholischen, der lateinischen und der armenisch-apostolischen Kirche des Landes.

Priester und Ordensfrauen in Händen der "Tanzim"-Miliz

Am Mittwoch klärte sich das Verwirrspiel um den angeblichen Tod eines Salesianerpaters in Bethlehem. Nach Angaben der römischen Missionsnachrichtenagentur "Misna" handelt es sich bei dem Priester um den aus Italien stammenden P. Jacques Amateis; der Ordensmann hatte in der kleinen Niederlassung des Birgittenordens in Bethlehem - "St. Mary's House" - zusammen mit sieben Birgittenschwestern die Heilige Messe gefeiert, als das Kloster von schwerbewaffneten palästinensischen "Tanzim"-Milizionären besetzt wurde. Die "Tanzim"-Leute benützen P. Amateis und die sieben Ordensfrauen de facto als Geiseln; die Milizionäre kontrollieren auch das Telefon. Nach Angaben von "Misna" ist es aber der Generaloberin des Birgittenordens, M. Tecla Famiglietti, gelungen, kurz eine der Schwestern ans Telefon zu bekommen. Die Schwester habe aber nur sagen können, dass niemand verletzt sei.

Eine lokale palästinensische TV-Station hatte am Dienstagnachmittag berichtet, P. Amateis sei von israelischen Kugeln getötet worden. Trotz israelischer Dementis zirkulierte die Nachricht stundenlang in aller Welt. Erst eine formelle Richtigstellung des Apostolischen Nuntius in Jerusalem, Erzbischof Pietro Sambi, beendete diesen Nachrichtenkreislauf.

Lage in Geburtskirche könnte eskalieren

Aus dem griechischen Generalkonsulat in Jerusalem wurden inzwischen Angaben bestätigt, wonach die bewaffneten Palästinenser am Dienstagnachmittag zunächst in den Kreuzgang des an die Geburtskirche angrenzenden katholischen Franziskanerklosters St. Katharina eingedrungen waren. Vor dort aus seien sie weiter in die - griechisch-orthodoxe - Geburtskirche vorgedrungen. Derzeit hielten sie sich in beiden Gebäuden auf. Zur Übernachtung hätten sich manche sogar in der Geburtsgrotte niedergelassen.

Wie aus dem Generalkonsulat weiter zu erfahren war, könnte sich die Lage in Kirche und Kloster rasch zuspitzen. Für die genannte Anzahl von Personen - 150 bis 450 - sei nur für kurze Zeit genügend Nahrung vorhanden. Außerdem könnten die Israelis jederzeit die Wasserversorgung abdrehen. Befürchtet wird zudem, dass ein Teil der palästinensischen Kämpfer drohen könnte, sich selbst und auch die übrigen in der Kirche eingeschlossenen Menschen zu töten, sollten die Israelis keinen freien Abzug gewähren. Unsicher sei auch, ob die Palästinenser Sprengstoff mit sich führen.

Mehrere hochrangige Diplomaten hatten am Mittwoch versucht, von der israelischen Regierung die Erlaubnis zu einer Mission nach Bethlehem zu bekommen. Sie sei aber verweigert worden, so die Informationen. Der israelischen Führung sei zudem eine persönliche Botschaft Papst Johannes Paul II. überbracht worden, es habe darauf aber bisher keine Reaktion von Seiten Israels gegeben.

Salesianer und Ordensfrauen wieder frei

Der aus Italien stammende Salesianer P. Jacques Amateis konnte am Mittwochnachmittag in das Salesianerkloster in Bethlehem zurückkehren. P. Amateis geleitete auch die sieben Ordensfrauen, mit denen er 40 Stunden im "St. Mary's House" des Birgitten-Ordens blockiert war, in das Salesianerkloster.

Das "St. Mary's"-Kloster war offensichtlich von "Tanzim"-Milizionären besetzt worden. Ob die Milizionäre am Mittwochnachmittag abgezogen sind oder sich den Israelis ergeben haben, ging aus dem Bericht der italienischen Missionsnachrichtenagentur "Misna" nicht hervor. Laut "Misna" hatte P. Amateis selbst mit israelischen Offizieren telefonisch ausgehandelt, dass er und die Schwestern das Gebäude verlassen konnten.

Kathpress
3. april 2002

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