Gesandter Jerusalems in Berlin spricht von "Desinformation"
Berlin, 6.4.02 (KAP) Der israelische Gesandte in Berlin, Mordechai Lewy, hat führenden palästinensischen Kirchenleuten Desinformation vorgeworfen. In einem Interview mit der deutschen katholischen Nachrichtenagentur KNA sagte Lewy, er vermisse von kirchlicher Seite eine Verurteilung der Selbstmordattentate und des Auftretens der bewaffneten "tanzim"-Kämpfer, die sich "wie Rowdys oder Wildwest-Helden" bewegten. Der Selbstmordterrorismus sei ein "Kult des Todes", der von den Kirchen entschiedener verurteilt werden müsse. Kritik an einem überharten Vorgehen der israelischen Armee in Bethlehem wies er zurück. Er könne sagen, dass Israel den Charakter der Heiligen Stätten in der Geburtsstadt Jesu respektieren und die Geburtskirche nicht angreifen werde. "Bewaffnete Terroristen" verletzten dagegen die Heiligen Stätten.
Namentlich nannte der israelische Diplomat bei seiner Kritik den lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Michel Sabbah, sowie den lutherischen Pastor in Bethlehem, Mitri Raheb, und den reformierten Pfarrer in Beit Jala, Jadallah Shihadeh. Sabbah habe mit der Idee des "Kirchenasyls" für bewaffnete Kämpfer in der Geburtskirche seine Kompetenzen überschritten und informiere nicht über Verletzungen kirchlicher Räume durch Palästinenser (tatsächlich hatte der Patriarch aber Journalisten-Missverständnisse ausgeräumt und betont, selbstverständlich könnten nur Unbewaffnete Zuflucht in Kirchen suchen; zudem seien für die Geburtsbasilika ausschliessslich der orthodoxe und der armenisch-apostolische Patriarch von Jerusalem zuständig). Shihadeh äußere sich wegen der "tatsächlich nicht einfachen" Situation der Christen in der Region falsch, sagte Lewy. Raheb sei "dafür schon berüchtigt", dass er einseitig die Israelis als "sehr schlimm" schildere.
Auf wiederholte Nachfrage zur Härte der vorrückenden israelischen Armee, die auch von humanitären Helfern oder Kirchenleuten aus Europa geschildert werde, meinte Lewy, dass "die Desinformation sehr stark ist". Man dürfe "Lügenpropaganda" aber keinen Glauben schenken. Lewy bekräftigte, die israelische Armee werde nicht auf die belagerte Geburtskirche schießen. Wegen der "Sensibilität" der Heiligen Stätten würden dort nur sehr erfahrene Reserveeinheiten eingesetzt, die ganz bewusst den Befehl zur Zurückhaltung hätten. "Wir achten die Heiligen Stätten", sagte er. "Tanzim"-Kämpfer hätten aber bewusst die Geburtskirche und nicht die in der Nähe liegende Moschee als Zufluchtsort gewählt, um Aufsehen zu erregen, die Sache zu "komplizieren" und die Christenheit zu "involvieren". Es gebe aber "besonnene Leute" sowohl in der Apostolischen Delegation in Jerusalem und im Vatikan als auch auf israelischer Seite. Es gehe um eine "diplomatische und einvernehmliche" Lösung ohne Waffengewalt.
Kathpress
6. april 2002