Rom-Jerusalem, 6.4.02 (KAP) In Bethlehem ist einer der eingeschlossenen Franziskaner am Samstagmorgen von einem israelischen Scharfschützen beschossen worden. Gegenüber dem internationalen Missionsnachrichtendienst "Misna" erklärte der beschossene Pater Ibrahim Faltas, ein Scharfschütze habe das Feuer auf ihn eröffnet, als er das Fenster seiner Mönchszelle zu öffnen versuchte. Der beschossene Ordensmann blieb unverletzt, die Kugeln verfehlten Faltas nach eigenen Angaben nur um wenige Zentimeter. Der derzeit in Rom befindliche Sprecher der Franziskaner-Kustodie im Heiligen Land, P. David Jaeger, wertete den Vorfall als "äußerst schwerwiegend". Der Akt ziehe die Glaubwürdigkeit der israelischen Zusagen in Zweifel, wonach weder der Konvent noch die Kirche angegriffen werden sollten, betonte Jaeger.
Unterdessen versicherte der für das besetzte Bethlehem zuständige Befehlshaber der israelischen Armee, Marcel Aviv, in einem am Samstag veröffentlichten Interview mit der italienischen Tageszeitung "La Repubblica", die Armee teile die Hoffnung der Franziskaner auf ein unblutiges Ende des Konflikts um die Geburtskirche. Zugleich beschuldigte er die dort verschanzten palästinensischen Kämpfer, sie hielten die Ordensleute "in Geiselhaft". Ziel der Armee sei es, die Geiseln zu befreien und die Terroristen unter den Palästinensern festzunehmen.
"Ein Zentrum des Terrorismus"
Aviv erklärte, nach seinen Erkenntnissen befänden sich unter den Besetzern des Gebäudekomplexes unter anderem der palästinensische Gouverneur von Bethlehem sowie der örtliche Verteidigungschef und der Geheimdienstchef der Palästinenser. Er unterstrich, die Stadt habe sich in den vergangenen zwei Jahren zu einem Zentrum des Terrorismus entwickelt. Allein im März hätten von Bethlehem aus drei Selbstmordattentäter agiert, die zusammen etwa 30 Menschen getötet hätten. Avivs Stellvertreter Sharon Levi gab an, dass die vier am Vorabend aus der Geburtskirche evakuierten Franziskaner geflohen seien. Sie hätten berichtet, von den schwerbewaffneten palästinensischen Milizionären bedroht worden zu sein.
Kathpress
6. april 2002