Vatikanstadt, 14.4.02 (KAP) Der Vatikan hat sich für eine ausländische Interventionsmacht im Nahen Osten ausgesprochen. Man brauche eine "dritte Kraft", die Israelis und Palästinenser trennen könne, sagte "Außenminister", Erzbischof Jean-Louis Tauran, in einem Interview mit Radio Vatikan. Eine solche Kraft, die der Vatikan bereits im November 2000 vorgeschlagen hatte, sei um so dringender, weil die beiden Kontrahenten "nicht nur aufeinander schießen, sondern noch nicht einmal in der Lage sind, sich anzuschauen". Allerdings liege es nicht in der Macht und der Kompetenz des Vatikan, technische Lösungen zu unterbreiten, wie eine solche Intervention aussehen könnte, fügte er hinzu.
Zurückhaltend äußerte sich der führende Vatikan-Diplomat zu den Aussichten der Mission des US-Außenministers Colin Powell in der Region. Er hoffe, dass die Mission bei den Konfliktparteien das Bewusstsein schärfe, dass der gegenwärtig eingeschlagene Weg ins Nichts führe. Es sei bereits eine positive Entwicklung, wenn Powell mit beiden Seiten sprechen könne. Weiter plädierte Tauran in dem Konflikt für eine Verhältnismäßigkeit der Mittel. Man müsse ein "Gleichgewicht" finden zwischen der Pflicht der israelische Regierung, die Sicherheit ihrer Bürger zu garantieren, und den Kriegsoperationen. Das seien "zwei ganz verschiedene Dinge". Weiter forderte der Erzbischof die Achtung der Heiligen Stätten im Heiligen Land. Er kritisierte die Besetzung der Geburtskirche von Bethlehem durch palästinensische Bewaffnete. Aber es gehe auch um ein humanitäres Problem, da sich rund 40 Ordensleute in dem Gebäudekomplex aufhielten. "Es ist unverzichtbar, ihnen ein Minimum an menschlichen Lebenskonditionen zu sichern". Hier gehe es letztlich um den "Schutz von Zivilisten im Kriegsrecht", betonte Erzbischof Tauran.
Kathpress
14. april 2002