Des Terrorismus beschuldigte Palästinenser können zwischen Gerichtsverhandlung in Israel oder Abschiebung ins Ausland wählen - Israel verlässt Bethlehem erst, wenn Geburtsbasilika geräumt ist
Jerusalem, 16.4.02 (KAP) Der israelische Ministerpräsident Ariel Sharon hat sich laut eigenen Angaben mit den USA auf eine Lösung für die von Palästinensern besetzte und von der israelischen Armee belagerte Geburtsbasilika in Bethlehem geeinigt. Die Palästinenser in der Geburtskirche müssten ihre Waffen niederlegen und herauskommen, sagte Sharon in einem CNN-Interview. Dann würde ihre Identität festgestellt und registriert. Jene, die in keiner Verbindung zu terroristischen Organisationen stehen, würden sofort freigelassen.
Jene, die terroristische Akte unterstützt oder selbst durchgeführt haben, hätten laut dem Regierungschef zwei Möglichkeiten: sich in Israel vor Gericht zu verantworten oder das Land zu verlassen. Nach Angaben Sharons könnte ein britisches Flugzeug die betroffenen Palästinenser ins Ausland bringen. Welches Land zu einer Aufnahme bereit wäre, wisse er nicht.
Auf die Nachfrage, ob Israel tatsächlich Personen laufen lassen würde, die sich des Terrors gegen Israelis schuldig gemacht haben, bekräftigte Sharon seinen Plan. Jenen, die "Blut an ihren Händen haben", würde nie mehr eine Rückkehr gestattet, ergänzte Sharon. Für Personen, die Mitglieder in terroristischen Organisationen waren, werde man später über eine Rückkehrmöglichkeit entscheiden. Man werde ein Komitee einrichten, dass diese Frage prüft, so der israelische Ministerpräsident.
Zwei Verletzte abtransportiert
Am Montag waren erstmals zwei verletzte palästinensische Polizisten aus der Geburtskirche in Bethlehem evakuiert worden. Israelische Medien berichteten, die verletzten Polizisten seien von israelischen Krankenwagen abgeholt worden. Am Montagmorgen waren bei Schießereien zwei israelische Soldaten und ein Palästinenser verletzt worden. Der in der Kirche verschanzte Palästinenser sei am Bein getroffen worden; die beiden Israelis seien nur leicht verletzt, erklärte ein israelischer Militärsprecher.
In einer der unterirdischen Grotten im Komplex um die Geburtskirche lagern weiter die Leichen der beiden seit Beginn der Belagerung erschossenen Palästinenser. Ihren Abtransport lehnen die Israelis nach wie vor ab. Die Franziskaner haben mehrfach gefordert, die beiden Leichname, deren Verwesung kaum aufzuhalten sei, den Angehörigen rasch zur Bestattung zu übergeben.
Weiter "Psychoterror"
Unterdessen setzt die israelische Armee gegen die Besetzer der Geburtskirche weiter auf psychologische Kriegsführung: Über Lautsprecher spielte die Armee am frühen Dienstagmorgen ohrenbetäubende Bohr- und Tiergeräusche sowie Schreie und Aufrufe zur Aufgabe ab.
P. Johannes Simon, Guardian des Franziskanerkonvents an der Geburtskirche, sagte, der Psychoterror sei "entsetzlich" und bedeute eine "Tortur". Gerade die Älteren unter den Mönchen, darunter ein 86-jähriger französischer Pater, hätten unter anhaltender Schlaflosigkeit und den gesamten Belastungen schwer zu leiden.
Am Dienstag wurden - nach Angaben von Kustos P. Giovanni Battistelli - Verhandlungen mit der israelischen Armee geführt, um die Evakuierung des 86-jährigen Paters und der vier Franziskanerinnen (drei italienische Staatsbürgerinnen und eine ägyptische) zu ermöglichen.
Kathpress
16. april 2002