In den vergangenen Wochen der Besatzung verteilte die ordenseigene Bäckerei täglich mehr als 3.000 Brote gratis
Bethlehem, 23.4.02 (KAP) Während in der Geburtsbasilika in Bethlehem weiterhin mehr als 200 Palästinenser und an die 40 Ordensleute eingeschlossen sind, gelingt es einer benachbarten Salesianergemeinschaft, hungernden und verzweifelten Familien etwas Hoffnung zu geben. Seit mehr als einem Jahrhundert betreiben die Ordensleute eine Bäckerei, in der während der letzten Wochen rund 3.000 Brote am Tag gebacken und kostenlos an die Menschen in Bethlehem und Umgebung verteilt wurden.
Jeden Tag finden sich bereits ab den frühen Morgenstunden zahlreiche Frauen und Kinder mit einer Genehmigung der israelischen Armee vor dem etwa 400 Meter von der Geburtsbasilika entfernt gelegenen Kloster der Salesianergemeinschaft ein.
Wie der Vikar der Salesianerprovinz im Nahen Osten, P. Giovanni Laconi, gegenüber dem vatikanischen Missionspressedienst "Fides" berichtete, gibt es die Bäckereis seit 1891. Die Bäckerei verfügt über eine Verkaufsstelle, dient aber gleichzeitig auch humanitären Zwecken: an Bedürftige wird das Brot kostenlos verteilt. "Seit Beginn der Intifada vor eineinhalb Jahren versorgt die Bäckerei mehr als 200 bedürftige Familien in Bethlehem, Beit Jala und in Beit Sahour.
Derzeit sei nur eine Vollzeitarbeitskraft in der Bäckerei beschäftigt, ein palästinensischer Bäcker. Er lebe derzeit im Haus des Ordens, seine Familie sei in Beit Jala: "Mit heldenhafter Hingabe steht er jeden Morgen um drei Uhr auf und arbeitet bis um vier Uhr nachmittags. Wir Salesianer helfen ihm". In der Niederlassung leben insgesamt 13 Salesianerpatres und acht Birgitten-Schwester, die ihr eigenes Kloster (St. Mary's House) verlassen mussten.
Zur Lage in Bethlehem sagte Laconi: "Die Menschen sind in ihren Wohnungen eingeschlossen und haben Hunger. In den letzten zwanzig Tagen hat sich die Situation zugespitzt. Doch bereits seit Beginn der Intifada ist Bethlehem verarmt. 90 Prozent der Bevölkerung sind arbeitslos. Die Wirtschaft der Stadt basierte mit ihren Hotel- und Tourismuseinrichtungen auf dem Zustrom von Pilgern. Seit ungefähr zwei Jahren kommen kaum mehr Pilger".
Die Salesianer hoffen, dass die Besatzung und die Ausgangssperre bald zu Ende sein werden und eine friedliche Lösung für das Drama in der Geburtskirche gefunden werden kann, "wo unser Mitbrüder aus dem Orden der Franziskaner ihre Aufgabe erfüllen". Die Salesianer stehen telefonisch in Verbindung mit den Franziskanern. "Vor einigen Tagen", so P. Laconi, "bat mich Pater Ibrahim Faltas um 150 Brote. Wir hätten diese Brote in die Basilika gebracht, doch wir erhielten keine Genehmigung von der israelischen Armee".
Zu normalen Zeiten wird aus dem von der Bäckerei erzielten Gewinn die Technische Berufsschule der Salesianer mitfinanziert. Die seit 1967 existierende Schule wird derzeit von 250 Schülern besucht. Seit Ende März musste die Schule jedoch geschlossen bleiben und funktioniert gegenwärtig als Verteilungsstelle für humanitäre Hilfslieferungen. Zur Zeit bleibt auch die Verkaufsstelle der Bäckerei geschlossen: Die Backwaren werden gratis verteilt, weshalb man auf Unterstützung angewiesen ist.
Der von den Salesianern gegründete Verband der Internationalen Freiwilligenarbeit für Entwicklung (VIS) stellt monatlich einen Betrag in Höhe von 10.000 Euro zur Verfügung. Doch werden rund 30.000 Euro im Monat benötigt.
Kathpress
23. april 2002