Palästinensischer Unterhändler in Bethlehem will mit Arafat in Ramallah Lösungsvorschläge abstimmen
Jerusalem, 26.4.02 (KAP) In die Verhandlungen um die seit mehr als drei Wochen besetzte und belagerte Geburtskirche in Bethlehem ist erneut Bewegung gekommen. Der palästinensische Chefunterhändler Salah al-Taamari erhielt nach palästinensischen Angaben von Israel am Freitag die Erlaubnis, Palästinenserpräsident Yassir Arafat in Ramallah zu treffen und mit ihm Lösungsvorschläge abzustimmen.
Acht der neun palästinensischen Jugendlichen, die am Donnerstag die belagerte Kirche hatten verlassen können, sind unterdessen aus israelischer Haft entlassen worden. Der 19-jährige Fouad al-Laham werde allerdings weiterhin verhört, sagte Al-Taamari am Freitag vor Journalisten. Er beschuldigte die Israelis, ihre Absprache mit den Palästinensern gebrochen und die Jugendlichen unrechtmäßig festgenommen zu haben. Israel wirft Al-Laham vor, in Jerusalem eine Bombe gelegt zu haben. Nach israelischen Rundfunkberichten soll er versucht haben, einen palästinensischen Extremisten aus der Kirche zu schmuggeln.
Bethlehems Bürgermeister Hana Nasser sagte, die Freilassung Al-Lahams sei keine Bedingung zur Fortsetzung der Verhandlungen. Zuvor hatte die palästinensische Verhandlungsdelegation erklärt, die Gespräche mit den Israelis über die Geburtskirche abbrechen zu wollen, wenn die Jugendlichen nicht freikämen.
US-Präsident fordert friedliche Lösung
US-Präsident George Bush forderte Israel unterdessen erneut auf, sich aus den besetzten Gebieten zurückzuziehen, sowie die Krise in Bethlehem "mit friedlichen Mitteln" zu lösen. Gleichzeitig mahnte Bush auch Arafat, mehr im Kampf gegen den Terrorismus zu tun. Nach Informationen des amerikanische Nachrichtensenders CNN hat Israel einige seiner Forderungen im Blick auf eine Lösung der Bethlehemkrise zurückgeschraubt. So bestehe Israel derzeit nur noch auf der Auslieferung von fünf in dem Gebäudekomplex verschanzten Palästinensern. Ursprünglich hätten israelische Unterhändler eine Liste mit 35 gesuchten "Terroristen" übergeben. Fünf der Männer auf der Liste seien Mörder, über deren Schicksal es "keine Verhandlungen" geben könne, so die Israelis laut CNN.
Arafat habe vorgeschlagen, die fünf mit internationalen Garantien nach Gaza bringen zu lassen, erfuhr die deutsche katholische Nachrichtenagentur KNA aus gut informierten Kreisen. Dies hätten die Betroffenen jedoch abgelehnt. Jetzt werde darüber nachgedacht, die Palästinenser ins Ausland zu deportieren. Israel habe dem grundsätzlich zugestimmt. Allerdings sei noch kein Gastland für die Fünf gefunden worden, von denen einer verdächtigt wird, einen amerikanischen Staatsbürger ermordet zu haben. Bürgermeister Nasser wollte Gerüchte nicht bestätigen, wonach die Palästinenser nach Tunesien oder Griechenland gebracht werden sollen. Die palästinensische Seite verlange insbesondere - so Nasser im Gespräch mit der römischen Missionspresseagentur "Misna" - einen neutralen "Garanten" für die mit der israelischen Seite erzielten Vereinbarungen.
Sechs Palästinenser verlassen Geburtskirche
Sechs weitere Palästinenser verließen am Freitagnachmittag das Gotteshaus, darunter zwei Schwerverletzte. Wie die deutsche katholische Nachrichtenagentur KNA erfuhr, hatten die beiden aus der Kirche heraus versucht, auf israelische Soldaten zu schießen. Scharfschützen hätten daraufhin auf die beiden Palästinenser geschossen, die anschließend aus der Kirche evakuiert und mit einem Krankenwagen abtransportiert worden seien.
Außerdem hätten vier weitere Männer, darunter zwei palästinensische Polizisten, die Geburtskirche verlassen. Durch Rauchbomben versuchten die Israelis wie bereits schon an den Vortagen, die Sicht auf die Vorgänge um das Gotteshaus unmöglich zu machen.
Kathpress
26. april 2002