Jerusalem, 23.12.02 (KAP) Trotz der Abriegelung Bethlehems durch die israelische Armee will der lateinische Patriarch von Jerusalem, Michel Sabbah, in der Geburtsstadt Jesu die Weihnachtsliturgie zelebrieren. Wie der Kanzler des Patriarchats, P. Raed Abusahlia, mitteilte, hätten viele Leute - auch aus Bethlehem - verlangt, der Patriarch solle aus Protest gegen die israelische Militärpräsenz nicht in die Geburtsstadt Jesu kommen. Sabbah werde aller Voraussicht nach aber den Weg nach Bethlehem antreten, denn er bestehe auf dem Recht, dort das Weihnachtsfest zu feiern, betonte Abusahlia. «Das ist Teil unserer religiösen Freiheit und des Status quo», so der Ordinariatskanzler.
Auch wenn die Stadtverwaltung von Bethlehem die kommunalen Weihnachtsfestivitäten abgesagt hat, wollen verschiedene Initiativen und Organisationen Veranstaltungen durchführen. So ist für den 24. Dezember um 13 Uhr ein interreligiöses Gebet auf dem Krippenplatz vor der Geburtsbasilika angesetzt. Am 25. Dezember soll um 16 Uhr der traditionelle Lichtermarsch vom griechisch-orthodoxen «Hirtenfeld» in Beit Sahour stattfinden; Ziel ist der Hauptkontrollpunkt zwischen Jerusalem und Bethlehem.
Der 28. Dezember, der «Tag der Unschuldigen Kinder», wurde in den vergangenen vier Jahren in Bethlehem mit einem Kinderfest gefeiert. Für heuer ist ein Marsch der Kinder durch Bethlehem geplant, mit dem vor allem gegen das Töten von Kindern im israelisch-palästinensischen Konflikt protestiert werden soll. Ziel des Marsches ist der Krippenplatz.
Am 31. Dezember soll in Bethlehem - wie im Vorjahr - ein großer «Marsch für Frieden und Gerechtigkeit» abgehalten werden. Veranstalter sind die lokalen politischen Autoritäten und zivile Organisationen. Auch Kirchenrepräsentanten sind eingeladen, den Marsch anzuführen. Die Kundgebungsteilnehmer werden für ein Ende der Abriegelung Bethlehems und der Besetzung der Palästinensergebiete eintreten.
Franziskaner-Kustos appelliert an Pilger
Die Franziskaner im Heiligen Land haben die Christen in aller Welt aufgerufen, trotz der Abriegelung Bethlehems durch die israelische Armee zum Weihnachtsfest in die Geburtsstadt Jesu zu kommen. Der Franziskaner-Kustos des Heiligen Landes, P. Giovanni Battistelli, betonte in einer in Jerusalem veröffentlichten Botschaft, alle Christen hätten das Recht und auch die Pflicht, in Bethlehem das Weihnachtsfest zu feiern. Gerade in diesem Moment nach Bethlehem zu reisen, wäre eine «große Geste der Solidarität», so P. Battistelli. «Die konkrete Geste, im Geist des Glaubens an den Heiligen Stätten präsent zu sein, bringt allen unseren schwer geprüften christlichen Brüdern und Schwestern Hilfe und Halt», so der Franziskaner-Kustos.
Die christlichen Heiligtümer im Heiligen Land seien keine «toten Steine», sondern «Orte des Gebetes und der Gnade». Das Recht der Christen in aller Welt, diese Stätten zu besuchen, sei von «fundamentaler Wichtigkeit» - nicht nur für die Pilger, sondern auch für die im Heiligen Land lebenden Christen. Nur durch christliche Präsenz könnten die Heiligen Stätten «lebendig» bleiben, andernfalls würden sie zu bloßen Stätten der Erinnerung lang zurückliegender Ereignisse werden, warnte P. Battistelli.
Er verurteilte die weitere Eskalation von Hass und Gewalt im israelisch-palästinensischen Konflikt, von Terrorismus und repressiven militärischen Gegenmaßnahmen. Angesichts der Abriegelung der Palästinensergebiete, der Ausgangssperren, der täglichen Todesopfer und des wirtschaftlichen Zusammenbruchs fühlten sich die Christen im Heiligen Land «von allen verlassen».
In dieser Situation sei die Präsenz von Pilgern «absolut notwendig», hob der Franziskaner-Kustos hervor und rief die Christen in aller Welt auf, Mut zu beweisen. Die Zahl der Pilger sei um 79 Prozent zurückgegangen, was auch viele Christen in enorme wirtschaftliche Schwierigkeiten gestürzt habe. In der Vergangenheit seien die christlichen Pilger vorwiegend gekommen, um spirituelle Hilfe zu «empfangen». Heute sei es ihre Aufgabe, «Zeugnis zu geben», Solidarität und Unterstützung den in Israel und Palästina lebenden Christen zu leisten.
Kathpress
23. desember 2002