Mainz, 24.1.03 (KAP) Mainzer Wissenschaftler bezweifeln die Echtheit einer neu entdeckten althebräischen Königsinschrift, die der erste außerbiblische Beweis für die Existenz des ersten «salomonischen» Tempels in Jerusalem sein soll. Die evangelischen Theologen Wolfgang Zwickel und Reinhard G. Lehmann erklärten, die Sandsteintafel, die aus dem Süden Jordaniens oder aus der Gegend des Toten Meeres stammen soll, reihe sich mit hoher Wahrscheinlichkeit in eine Vielzahl von Fälschungen ein, die seit dem 19. Jahrhundert erstellt wurden.
Offenbar sei es den Fälschern inzwischen gelungen, Alterungsprozesse an Steinen zu bewerkstelligen, die einen naturwissenschaftlichen Nachweis der Fälschung erschweren oder sogar verhindern, betonten die Forscher. Lehmann ist Spezialist für die althebräische Epigraphik, Zwickel hat als Forschungsschwerpunkte die Biblische Archäologie und die Geschichte Israels.
Buchstabentypen stimmen nicht
Die beiden Wissenschaftler stützen sich in erster Linie auf eine Untersuchung der Buchstabentypen. Sie seien für unterschiedliche Zeiten charakteristisch. Außerdem fänden sich Worttrennzeichen, die nicht den sonst in dieser Region üblichen Regeln folgten. Satzbau und Wortwahl zeigten darüber hinaus an zwei Stellen Eigenheiten des späten oder gar modernen Hebräisch. Außerdem seien architektonische Fachbegriffe offensichtlich falsch verstanden worden. Nach Einschätzung von Lehmann und Zwickel ist der Text außerdem eine Mischung aus zwei biblischen Texten, die Tempelbau- und Restaurierungsmaßnahmen aus zwei unterschiedlichen Jahrhunderten zum Thema haben. Weiterhin seien vergleichbare Königsinschriften durchweg breiter als die in der Diskussion stehende.
Die Tafel aus Sandstein enthält zehn Zeilen Text in der Ich-Form. Der König Jehoasch, der im neunten vorchristlichen Jahrhundert über 40 Jahre König von Jerusalem war, lobt sich auf der Inschrift für die Renovierungsarbeiten am Tempel von Jerusalem. Die Szene ist im Alten Testament in Kapitel 12 des 2. Buchs der Könige ausführlich beschrieben.
Kathpress
24. januar 2003