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Publisert 21. mars 2003 | Oppdatert 6. januar 2011

Trotz der brisanten Weltsituation wurde in der Villa Cavalletti bei Rom eine neue Dimension des jüdisch-katholischen Dialogs eröffnet

«Kathpress»-Korrespondentenbericht von Alexander Reiser

Vatikanstadt, 6.3.03 (KAP) «Vatikan und Rabbinat verurteilen 'religiösen' Terror» lautete die Schlagzeile in der israelischen Tageszeitung «Haaretz» am 4. März: Der Artikel nahm Bezug auf das Schlusskommunique der ersten Dialogkonferenz zwischen Repräsentanten des Judentums aus Israel und Vatikan-Vertretern in der Villa Cavalletti in der römischen Campagna.

Oberrabbiner aus Israel und römische Kardinäle hatten sich hier, wenige Kilometer außerhalb der Stadtgrenze, getroffen, um trotz der brisanten Weltsituation eine neue Dimension des jüdisch-katholischen Dialogs zu eröffnen, wie es der neue Sekretär der vatikanischen «Kommission für die religiösen Beziehungen zum Judentum», P. Norbert Hofmann SDB, ausdrückte. Der aus Bayern stammende und lange in Israel wirkende Sekretär der Kommission hatte entscheidend dazu beigetragen, dass die Gespräche mit dem Oberrabbinat des Staates Israel konkrete Form annahmen und die Delegation aus Israel unter Leitung von Rabbiner She'ar Yishuv Cohen (Haifa) nach Rom anreiste. Der Botschafter Israels beim Heiligen Stuhl, Josef Lamdan, sprach von einem «außergewöhnlichen historischen Ereignis». Der Apostolische Nuntius in Israel, Erzbischof Pietro Sambi, stimmte dieser Einschätzung ausdrücklich zu: Noch vor fünf Jahren wäre ein solcher Dialog unmöglich gewesen, erst der Besuch Johannes Pauls II. an der Klagemauer habe das Eis gebrochen.

Bis zu dem Treffen in der Villa Cavalletti gab es in Israel eigentlich keinen offiziellen jüdisch-katholischen Dialog. Die Israel-Besuche des Papstes (2000) und von Kardinal Walter Kasper (2001/02) hätten aber jetzt zu dieser «Gesprächsmöglichkeit auf höchster Ebene» geführt, so Hofmann.

Kardinal Kasper, Präsident des vatikanischen Ökumene-Rats, war ebenso wie Kardinal Jorge Mejia, der 1986 den Papstbesuch in der römischen Synagoge vorbereitet hatte, behutsam vorgegangen. Es galt, eine Schiene zu fahren, in der die Politik nach Möglichkeit draußen blieb, diesmal auch das in gewisser Weise «belastete» lateinische Patriarchat von Jerusalem (allerdings war der in Nazareth residierende Weihbischof Giacinto-Boulos Marcuzzo Mitglied der vatikanischen Delegation, ebenso der durch seine Versöhnungsinitiativen bekannt gewordene griechisch-katholische palästinensische Priester P. Elias Chacour). Andererseits sollten die Bibelwissenschaftler mit Israel-Erfahrung ihre Erfahrungen einbringen.

Dass sich im Augenblick «sehr viel» in den kirchlichen Beziehungen mit dem Judentum tut, hatte Kasper vor kurzem in einem Interview zu seinem 70. Geburtstag selbst berichtet: «In den Vereinigten Staaten läuft der Dialog sehr gut, es gibt viele akademische Institutionen für das jüdisch-christliche Gespräch. Aber wir haben auch in Israel selber einen religiösen Dialog begonnen - was mir in dieser schwierigen Zeit besonders wichtig scheint - und zwar unmittelbar mit Beauftragten des Oberrabbinats in Jerusalem».

Die Diskussion um die Öffnung der Archive habe eine Schwierigkeit gebracht. Durch die neue Entscheidung über eine Teilöffnung der bereits geordneten Bereiche für ausgewiesene Wissenschaftler habe sich einiges beruhigt. Es gebe auch die Zusage, die Archive Schritt für Schritt weiter so zu ordnen und zu registrieren, dass sie für den wissenschaftlichen Gebrauch zugänglich gemacht werden können, betonte Kasper.

Natürlich blieben viele offene Fragen zwischen Juden und Christen, und die jetzigen Schwierigkeiten im Heiligen Land belasteten die Beziehungen. «Aber das sehen beide Seiten», so Kasper. Und auch Hofmann bestätigte das. Er schätze es, dass die jüdischen Partner trotz der politischen Situation im Heiligen Land bereit seien, sich mit der vatikanischen Seite an einen Tisch zu setzen: «Wir versuchen, Polemik von den Gesprächen fern zu halten. Auch die jüdische Seite ist wirklich bemüht, das Gemeinsame zu betonen».

Die Wahl der Villa Cavalletti als Tagungsort beeindruckte die Delegation aus Israel wegen der jüdischen Vorgeschichte der Anlage: Unmittelbar nach 1945 war die Villa Sammelstelle für Juden aus Mittel- und Osteuropa, die als «displaced persons» darauf warteten, nach Palästina gelangen zu können. Jetzt dient die Villa Cavelletti als internationales Zentrum der katholischen «Integrierten Gemeinde» und wird ab Herbst auch deren «Akademie für die Theologie des Volkes Gottes» umfassen. Nuntius Sambi erinnerte in diesem Zusammenhang daran, dass die Spiritualität der «Integrierten Gemeinde» stark vom Schock über den Holocaust und vom Gespür für die jüdischen Wurzeln des Christlichen bestimmt ist. Dieser Geist müsse im jüdisch-katholischen Dialog wirksam werden.

In der im Anschluss an die Tagung in der Villa Cavalletti veröffentlichten gemeinsamen Erklärung geht es um die Heiligkeit des Lebens. Die Zentralpassage lautet: «Wir fühlen die Herausforderung, von dem einen Gott in der Welt Zeugnis zu geben. Wir sind bereit, bei der Förderung gemeinsamer religiöser Werte zusammen zu arbeiten: für Frieden mit Gerechtigkeit, Wahrheit und Liebe». Im vierten Abschnitt wird der gebotene Schutz menschlichen Lebens vor dem Hintergrund des weltweiten Terrorismus, von dem Israel besonders berührt ist, ebenso entschieden wie behutsam zur Sprache gebracht. Die Vertreter der israelischen Delegation - darunter Rabbiner David Brodman, der als Kind in Theresienstadt und zwei weiteren KZs war und dessen Familie ermordet wurde - brachten ihre Genugtuung darüber zum Ausdruck, dass in der Erklärung unter Berufung auf Johannes Paul II. betont wird, «kein religiöser Führer irgendwo in der Welt» könne Terrorismus entschuldigen: «Es ist eine Entweihung der Religion, sich zu einem Terroristen im Namen Gottes zu erklären und anderen im Namen Gottes Gewalt anzutun. Terroristische Gewalt, wo immer in der Welt sie ausgeübt wird, ist ein Widerspruch zum Glauben an Gott, den Schöpfer des Menschen, der für den Menschen sorgt und ihn liebt».

Bedeutsam ist auch, dass ausdrücklich auf die durch anglikanische Initiative zustandegekommene «Alexandria-Erklärung» jüdischer, christlicher und muslimischer Geistlicher aus dem Heiligen Land vom Jänner 2002 Bezug genommen wird: «Wir dürfen keinerlei Töten im Namen Gottes erlauben, denn er gebietet: Du sollst nicht töten; wir müssen fanatischen oder gewaltsamen Missbrauch der Religion vermeiden». Gegen den gegenwärtigen Trend von Gewalt und Tod in der Gesellschaft müssten Juden und Christen ihre Zusammenarbeit mit Glaubenden aller Religionen und allen Menschen guten Willens verstärken, indem sie eine «Kultur des Lebens» fördern.

Von dieser «Kultur des Lebens» ist auch der Abschnitt über die «Werte der Familie» geprägt, die Juden und Christen gemeinsam sind: «Die Institution der Familie leitet sich vom Willen des Allmächtigen her, der den Menschen nach dem Bild Gottes erschuf: '...als Mann und Frau schuf er sie' (Gen 1,27). Die Ehe hat in religiöser Sicht einen großen Wert, weil Gott diese Verbindung segnete und heiligte». Die Familie als Einheit sei die «Basis der ganzen Gesellschaft».

P. Hofmann geht jetzt davon aus, dass der Dialog im Herbst in Israel weiter geht. Hofmann geht es vor allem darum, dass dabei - ebenso wie in der Villa Cavalletti - die Bibel, insbesondere die Thora (Bücher Mose mit den Geboten) - Fundament der Gespräche bleibt.

Kathpress
6. mars 2003

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