Der Vatikan bemüht sich im Irak-Krieg um Schadensbegrenzung
«Kathpress»-Korrespondentenbericht von Johannes Schidelko
Vatikanstadt, 28.3.03 (KAP) Mit einer Informationsoffensive in der islamischen Welt bemüht sich der Vatikan derzeit um Schadensbegrenzung für das belastete christlich-muslimische Verhältnis. Die Nuntien in den arabischen Ländern leiten den jeweiligen Regierungen die Anti-Kriegs-Erklärungen und -Botschaften des Papstes und der Kurie zu. Die diplomatische Aktion soll emotionale Argumente entkräften, es handle sich beim Irak-Krieg um einen Angriff «der Christen» auf Mitglieder der islamischen Gemeinschaft («umma»). Ob die differenzierte Botschaft außer manchen weltoffenen Intellektuellen auch die Freitagsprediger erreicht, ist offen.
Die diplomatische Initiative ist eines der Elemente, mit denen der Vatikan auch nach Scheitern seines Anti-Kriegs-Kurses die christliche Friedens- und Versöhnungsbotschaft transportieren und auf die Nachkriegs-Planungen einwirken will. Schon in seiner Aufsehen erregenden Friedens-Aktion vor dem Krieg hatte Johannes Paul II. vor der drohenden Belastung der christlich-islamischen Beziehungen gewarnt. Und dabei hatte er sicher nicht nur die Christen im Irak oder die christlichen Minderheiten zwischen Casablanca und Karatschi im Blick, sondern insgesamt das Verhältnis der Kulturen und Religionen.
Aber auch auf anderen Feldern ist der Vatikan seit Kriegsbeginn aktiv, wenn auch weniger im Rampenlicht als in den Wochen zuvor. Die katholischen Hilfswerke, vor allem die Caritas, sind im Einsatz. In Bagdad betreut die irakische Caritas in kirchlichen Gebäuden und Einrichtungen Zivilopfer, gewährt Flüchtlingen in Kirchen Zuflucht. In den Nachbarstaaten, vor allem in Jordanien, sind kirchliche Auffangstationen für Flüchtlinge eingerichtet. Die vatikanischen Medien, vor allem der «Osservatore Romano», beschreiben in dunkelsten Farben den «Schmerzensschrei» des irakischen Volkes, das nach jahrzehntelanger brutaler Diktatur jetzt einen grausamen Krieg erleben muss. Der Papst selbst richtet ein Hauptaugenmerk auf die Schonung der Zivilbevölkerung, auf eine menschenwürdige Behandlung der Gefangenen und überhaupt des militärischen Gegners.
In den Überlegungen über eine Nachkriegs-Ordnung spielt für die vatikanischen Diplomaten die Zukunft der Vereinten Nationen eine zentrale Rolle. Deren ramponiertes Ansehen müsse wiederhergestellt und ihre Bedeutung für eine Weltordnung gestärkt werden. Ob die UNO aus dem zweiten Irak-Kriegs als Verlierer oder im Zuge der fälligen Grundsatzdebatte vielleicht doch gefestigt hervorgeht, dazu gibt es geteilte Einschätzungen. Und Rätselraten herrscht auch, ob als demonstrativer Vertrauenserweis Papst Johannes Paul II. vielleicht doch zu einem Besuch im Glaspalast von New York bereit wäre. Eine italienische Zeitung nannte als denkbaren - und politisch unverfänglichen - Termin den 11. April, den 40. Jahrestag der Enzyklika «Pacem in terris» von Papst Johannes XXIII. Darin hatte Johannes Paul II. die entscheidende Rolle der UNO für die Weltordnung unterstrichen. Bei allen Spekulationen um eine möglich Papstreise: Sie sei höchst unwahrscheinlich, zumal die Gefahr einseitiger politischer Vereinnahmung und von Missverständnissen kaum zu vermeiden sei, hört man im Vatikan.
Kathpress
28. mars 2003