Jesuit Magnis-Suseno fordert neue Haltung der Christen in Europa und Amerika zum Islam - «Bin bestimmt worden von herzlichen Begegnungen mit Muslimen»
Wien, 4.4.03 (KAP) Für eine neue Haltung der Christen in Europa und Amerika zum Islam hat sich der seit mehr als 40 Jahren in Indonesien wirkende deutsche Jesuit P. Franz Magnis-Suseno bei einer Pressekonferenz am Freitag in Wien ausgesprochen. Magnis-Suseno wurde von der ökumenischen Organisation «Christian Solidarity International»(CSI)-Österreich eingeladen. Er nahm am Freitag am Schweigemarsch für verfolgte Christen in der Wiener Innenstadt teil.
«Ich bin bestimmt worden von herzlichen Begegnungen mit Muslimen. Sie haben mich mehr beeinflusst als die Theorie», sagte Magnis-Suseno. Christen sollten ein «konstruktives Verhältnis» zum Islam aufbauen. Bedacht werden müsse, dass der Islam ein komplexes Phänomen sei. Die Geschichte der Begegnung von Christentum und Islam sei in Form einer jeweils anderen Märtyrergeschichte in das kollektive Unterbewusstsein eingedrungen; dies müsse aufgearbeitet werden.
Eine Gefahr sieht der Jesuit im Irak-Krieg. Bisher gebe es im mehrheitlich muslimischen Indonesien aber noch keine antichristlichen Töne. Sehr hilfreich sei gewesen, dass sich die Kirchen in Europa klar gegen den Krieg ausgesprochen hätten. Besonders gewürdigt worden sei von vielen Muslimen und muslimischen Organisationen in Indonesien das klare «Nein» Papst Johannes Pauls II. zum Krieg.
Zur Lage in Indonesien betonte Magnis-Suseno, die Ausschreitungen auf den Molukken und auf Sulawesi sollten nicht als «Christenverfolgung» eingestuft werden. Zwei Drittel der Flüchtlinge seien Muslime. Positiv beurteilte Magnis-Suseno die Entwicklung zwischen Indonesien und dem nach einem blutigen Konflikt von Indonesien unabhängig gewordenen Osttimor. Präsident Jose Alexandre «Xanana» Gusmao sei ein Mann der Versöhnung, ein «Nelson Mandela des Pazifiks». Er sei ein Garant dafür, dass das Verhältnis zu Indonesien gut werde.
Verständnis äußerte Magnis-Suseno zum Rücktritt der zweiten osttimoresischen Symbolfigur, Bischof Carlos Belo. Belo haben 20 Jahre lang «einen der aufreibendsten Jobs» innegehabt. Er sei einfach «erschöpft». Interessant sei in diesem Zusammenhang der ungeheure Image-Zuwachs der katholischne Kirche. Vor dem Einmarsch der Indonesier 1975 seien erst 30 Prozent der Osttimoresen Katholiken gewesen. Heute seien es 95 Prozent. Die Rolle der Kirche sei von 1975 bis 1999 mit der der polnischen Kirche im Kommunismus vergleichbar gewesen.
Aber auch in Indonesien wachse die Zahl der Christen, berichtete der Jesuit. Die Regierung gebe keine Zahlen über die Religionszugehörigkeit bekannt; dies gelte als «zu brisant». Viele nehmen an, dass es von einem Jahr zum nächsten jeweils einen Rückgang der Zahl der Muslime im Promillebereich gebe. Mit ein Grund sei die durch Familienplanung stark zurückgegangene Kinderzahl auf Java. In der Provinz Jogyakarta beispielsweise gehe die Bevölkerung heute bereits zurück. Nur Jakarta wiese eine nennenswerte Zunahme auf, weil es als Ballungsraum eine große Zuwanderung aufweise.
Kathpress
4. april 2003