Hamburg, 4.4.03 (KAP) Die deutsche protestantische Theologin Dorothee Sölle hat scharfe Kritik am Irak-Krieg und an US-Präsident George W. Bush geübt. Der «Fundamentalismus» des Präsidenten sei eine krankhafte Form, wie es sie auch im Islam gebe, sagte die protestantische Theologin am Freitag in einem Interview mit der deutschen katholischen Nachrichtenagentur KNA in Hamburg. Obwohl sich Bush nicht islamfeindlich äußere, bestehe die Gefahr, dass seine Aussagen so interpretiert werden, betonte die Theologin. Immer mehr Menschen hielten Krieg für ein Menschheitsverbrechen und die Rede vom Präventivkrieg sei eine «völlig veraltete und falsche Formel», so Sölle.
Die Anti-Kriegs-Demonstrationen begrüßte Sölle als Aufbruch der jungen Generation. Auch die vielen jungen Globalisierungs-Gegner hätten klar erkannt, wie die «Rechte der Ärmsten durch das Wirtschaftssystem mit Füßen getreten werden». Ausdrücklich würdigte sie das Engagement von Papst Johannes Paul II. für den Frieden: «Ich finde es herrlich, wie dieser alte Mann mit seinem Mut, seiner Redlichkeit und Ernsthaftigkeit die Wahrheit sagt». Das zeige, wie stark das Christentum sei.
«Der Theologie fehlt Frömmigkeit»
Kritisch äußerte sich Sölle zum Stand heutiger Theologie. Es gebe eine starke Verwissenschaftlichung an den Universitäten; Studierende würden nicht mehr zu Seelsorgern, Zuhörern und Nachdenklichen ausgebildet. Der Theologie fehle eine wichtige Dimension von Sprache. Sie sei nicht mehr mit Frömmigkeit gepaart. Die evangelische Theologie hat sich nach Ansicht Sölles zu weit vom Handlungsbereich der Kirche entfernt.
Der Aufruf zum Gebet angesichts des Irak-Krieges ist für die Protestantin kein Akt der Resignation: «Wenn das Gebet ernst ist, dann führt es auch zum Handeln. Wenn es Geschwätz ist, dann ist es eben Geschwätz. Das Beten ist eine Stärkung der Gemeinsamkeit der Christen, auch mit denen in den USA - das wird in diesen Wochen einmal wieder sehr deutlich», so Sölle wörtlich.
Kathpress
4. april 2003