«Pax Christi»-Präsident kritisiert aus Anlass des 40. Jahrestags der Friedensenzyklika «Pacem in terris» die von der israelischen Regierung beschlossene Errichtung des Grenzzauns zwischen Israel und Cisjordanien - Eine neue «Berliner Mauer»
Jerusalem, 7.4.03 (KAP) Angesichts der Bedrohung des Weltfriedens durch den internationalen Terrorismus und das Konzept des «Präventivkriegs» müsse noch deutlicher in Erinnerung gerufen werden, dass nicht der Krieg, sondern «Dialog und Verhandlungen» geeignet sind, um Kontroversen zwischen den Nationen zu lösen. Dies betont der lateinische Patriarch von Jerusalem und Präsident der internationalen katholischen Friedensbewegung «Pax Christi», Michel Sabbah, in einer Erklärung zum 40. Jahrestag der Friedensenzyklika «Pacem in terris» am 11. April. Wenn der Krieg einmal entfesselt sei, könne man ihn nur schwer wieder stoppen. Er hinterlasse Bitterkeit und Hass für Generationen.
Im Hinblick auf die Friedensenzyklika des selig gesprochenen Konzilspapstes Johannes XXIII. erinnert der Patriarch daran, dass das weltweite Gemeinwohl nicht durch «Macht und Zwang», sondern durch das Zusammenwirken der Gemeinschaft der Nationen zu sichern ist. Die internationale Autorität dürfe nicht ein «Super-Staat» sein, sondern müsse sich am Prinzip der Subsidiarität orientieren. Wörtlich betont der «Pax Christi»-Präsident: «Ohne moralische Ordnung entstehen ideologische Systeme wie der Kommunismus oder der entfesselte Kapitalismus». Diese Systeme glichen aber «Kolossen auf tönernen Füssen».
Im Heiligen Land sei eine neue «Berliner Mauer» im Bau, bedauert der Patriarch angesichts der von der israelischen Regierung im Vorjahr beschlossenen Errichtung eines acht Meter hohen Grenzzaunes entlang der 350 Kilometer langen Grenze zwischen Israel und Cisjordanien. Das Ziel sei die Abwehr von Selbstmordattentätern, der Zaun werde aber sowohl eine physische als auch eine psychologische Trennung der beiden Völker bewirken, eine Art «Mauer der Apartheid», stellte Sabbah fest und erinnerte zugleich daran, dass er die Gewalt von allen Seiten immer klar verurteilt habe.
Die Palästinenser müssten sich «wie in einem riesigen Gefängnis» fühlen. Das werde bei einigen «noch mehr Hass auf Israel» bewirken und die «Spirale der Gewalt» von Selbstmordattentaten und Repressalien vorantreiben. Aber es gebe auch viele Palästinenser, die trotz der Zerstörung ihrer Häuser und ihrer Felder und der Behandlung als «Menschen zweiter Klasse» voller Hoffnung auf bessere Zeiten seien, so der Patriarch.
In seinem «Friedensappell aus Anlass des 40. Jahrestages von 'Pacem in terris'» unterstreicht Sabbah, dass die israelische Besetzung der palästinensischen Gebiete die tiefste Ursache der Gewalt im Heiligen Land sei. Neue Verhandlungen und ein echter Dialog zwischen den beiden Völkern seien notwendig, um einen Ausweg aus dem Konflikt zu finden.
Der Patriarch von Jerusalem betont, dass die Religion «niemals als Vorwand des Krieges missbraucht» werden dürfe. Die Religionen müssten vielmehr ihren Beitrag zur Schaffung einer Kultur der Gerechtigkeit und des Friedens leisten; es gehe darum, den Mut zu finden, die Mauern zwischen Christen, Juden und Muslimen niederzureissen.
Kathpress
7. april 2003