Hopp til hovedinnhold
Publisert 22. april 2003 | Oppdatert 6. januar 2011

Im Vatikan und beim Weltkirchenrat herrscht Alarmstufe 1 - Amerikaner wiederholen die Fehler der Engländer in der Zwischenkriegszeit - Bei Versammlung künftiger irakischer Volksvertreter in Nassiriya konnte einziger Sprecher der chaldäischen oder assyrischen Christen teilnehmen

Zürich-Bagdad, 22.4.03 (KAP) Für die irakischen Christen hat nach den Schrecken des Bombenkrieges und der Plünderanarchie seit dem Fall Saddams eine ungewisse Zukunft begonnen, berichtet der Nahostspezialist Heinz Gstrein. Auf den Christen laste die Zusammenarbeit von Tarek Aziz und anderen Politikern christlicher Herkunft mit dem gestürzten Regime. Die Herrschaft der - von dem syrischen Christen Michel Aflaq begründeten - Baath-Partei sei wenigstens in religiöser Hinsicht pluralistisch gewesen. Nun drängten aber radikale islamische Kräfte nach oben. Dies gelte nicht nur für die Schiiten, sondern auch für die Sunnierten und die Kurden. Wo die Kurden mehr national als islamisch ausgerichtet sind, trete wiederum ihr ethnischer Gegensatz zu den ostsyrischen Christen in den Vordergrund.

Allein schon die Kriegsschäden waren für die Christen schlimm genug. Abgesehen vom chaldäisch-katholischen Patriarchat im Westen der irakischen Hauptstadt sowie einer ganzen Reihe von Kirchen und Schulen in Bagdad, Mossul und Kirkuk sind im Nordirak ganze christliche Dörfer ausgebombt oder von den anrückenden kurdischen Peschmerga-Milizen in Trümmer geschossen worden.

Kirchen und Klöster respektiert

Die Plünderungen nach dem Zusammenbruch der Saddam-Diktatur haben zwar im kirchlichen Bereich doch weniger Opfer gefordert, als das zunächst befürchtet werden musste: Die Meldungen von Raubmorden an einem griechisch-orthodoxen Bischof und mehreren Pfarrern in Bagdad erwiesen sich als falsch. Generell richteten sich die Plünderungen gegen Regierungsgebäude und auch ausländische Botschaften, wo wertvolle Beute vermutet wurde.

Pfarrgemeinden und Klöster hatten in den Kriegstagen schon alles mit der oft islamischen Nachbarschaft geteilt und Ausgebombten Obdach gewährt. Auch hielt die Ehrfurcht vor christlichen Sakralgegenständen die Plünderer, die meist aus Bagdads schiitischem Armenviertel Medinet-Al-Sadr kamen, davor zurück, sich an liturgischen Objekten zu vergreifen. So haben doch so gut wie alle Kirchen, Pfarren, Klöster und Ordensschulen die mehrtägige Plünderphase relativ glimpflich überstanden.

Keine Bleibe mehr in Bagdad

Schwer heimgesucht wurden jedoch die Wohnviertel der Bagdader Christen und ihre Geschäfte. Da es sich bei den meisten von ihnen um kleine Handwerker und Händler handelt, stehen sie jetzt vor dem Nichts. Viele chaldäische und assyrische Christen waren vor den Bomben aus den Metropolen in die kleinen Bergstädte in der Umgebung von Mossul geflohen. Von dort können sie jetzt nicht zurückkehren, weil - wie immer mehr Pfarrer übereinstimmend berichten - daheim in Bagdad und anderswo nur mehr die nackten Wände ihrer Wohnungen und Läden auf sie warten.

Viele leere christliche Wohnungen sind inzwischen auch von obdachlosen Schiiten einfach besetzt worden. Aus dieser Not werden jetzt noch mehr irakische Christen als schon in den Boykottjahren 1990 bis 2002 ihr Heil in der Auswanderung suchen, nachdem ihre Zahl bereits von ursprünglich eineinhalb Millionen auf weniger als die Hälfte gesunken ist.

Christ sein unter Saddam

Zu einer regelrechten Kirchenbesetzung ist es allerdings unter den Augen der britischen Besatzer in Basra durch militante Schiiten gekommen. Es handelt sich noch dazu um die chaldäisch-katholische Kathedrale der südirakischen Stadt. Gerade in den Augen der Schiiten sind Iraks Christen nun Freiwild, da sie vom Saddam-Regime begünstigt worden wären.

Erst jetzt wagen sich Bischöfe, Priester und Laien mit offenen Berichten von der Lage unter Saddam hervor: Die Christen hatten ihre relative Freiheit mit völliger politischer Knechtung und serviler Unterwürfigkeit zu bezahlen. Wer auch darin ein Christ zu sein versuchte, dass er Verfolgten der Diktatur beistand, wanderte selbst in die Folterkammern und Katakombenkerker Saddams. Und es gab weit mehr solche Christen, als bisher bekannt werden konnte.

Christen neu politisch ausgeschlossen?

Vorläufig schließen aber auch Iraks neue amerikanische und britische Herren die Christen - die seit den Tagen der Apostel im Irak präsent sind und bis weit ins Mittelalter die Bevölkerungsmehrheit stellten - von der Mitarbeit an einer neuen, freieren Ordnung aus. Auf der Versammlung künftiger irakischer Volksvertreter Mitte April in Nassiriya am Euphrat waren nur Muslime und Kurden vertreten, kein einziger Sprecher der chaldäischen oder assyrischen Christen.

Im Vatikan und beim Weltkirchenrat herrscht Alarmstufe 1, weil die Amerikaner die Fehler der Engländer in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen zu wiederholen drohen, als London den Irak mit islamischen Arabern und Kurden gegen die ostsyrischen Christen regierte. Die Folge war ein verzweifelter Assyrer-Aufstand, der von den Engländern brutal niedergeschlagen wurde; der Völkerbund hatte als Lösung nur einen Bevölkerungstransfer nach Brasilien vorzuschlagen. Die vergessene Tragödie der Assyrer - der Angehörigen der Apostolischen Kirche des Ostens - ist im Bewußtsein der irakischen Christen bis heute präsent.

Kathpress
22. april 2003

Mer om: