Vatikanstadt, 14.6.03 (KAP) Der Präsident des Päpstlichen Rates «Cor Unum», Erzbischof Paul Joseph Cordes, hat sich gegen die Einführung einer undifferenzierten Mehrheits-Demokratie im Irak ausgesprochen. Cordes, der vom 28. Mai bis 3. Juni im Auftrag von Papst Johannes Paul II. Bagdad und Mossul besucht hatte, sagte vor Journalisten in Rom, eine simple Übertragung des Mehrheitsprinzips auf die Verhältnisse im Irak könne zu einem islamischen Gottesstaat und zur Unterdrückung der christlichen Minderheit führen. Die künftige Verfassung des Landes müsse daher einen Schutz der Minderheiten vorsehen. Als Vorbild nannte er die derzeitige Kommunalverwaltung in Mossul, in der auch Vertreter der Christen Sitz und Stimme haben.
Cordes führte weiter aus, er habe bei seinen Gesprächen im Irak den Eindruck gewonnen, dass eine neue Verfassung für das Land nicht kurzfristig zu erwarten sei. Die amerikanischen Militärs rechneten offenbar mit einer relativ langen Verweildauer im Irak und einer ebenso langen Übergangsperiode. Ob es in der Ära nach Saddam zu einem breiten Exodus der Christen komme, hänge auch von der künftigen Struktur des Irak ab. Das Risiko eines Religionskonflikts sei durchaus real, betonte der Erzbischof.
Zur Arbeit der Hilfsorganisationen im Irak bemerkte Cordes, dass viele Sicherheitsvoraussetzungen noch immer fehlen. So sei unlängst ein von Jordanien kommender großer Hilfstransport komplett gestohlen worden. Die Caritas im Irak verfüge über eine deutlich schwächere Struktur als in anderen Ländern, derzeit werde sie noch von Amman aus geführt. Welche Rolle die irakische Caritas künftig einnehmen könne, werde erst dann absehbar, wenn eine nationale Caritas vollständig aufgebaut sei. Cordes appellierte an die Christen in anderen Ländern, die Entwicklung im Irak aufmerksam zu verfolgen, den Menschen materiell zu helfen und für sie zu beten.
Kathpress
14. juni 2003