Oberhaupt der koptisch-orthodoxen Kirche steht einer der ältesten Kirchen der Christenheit vor und ist Vorreiter im ökumenischen Dialog
Kairo, 1.8.03 (KAP) Patriarch Schenuda III., seit 1971 Oberhaupt der koptisch-orthodoxen Kirche, vollendet am Sonntag, 3. August, sein 80. Lebensjahr. Der «Papst von Alexandrien und Patriarch des Stuhles vom Heiligen Markus», so sein offizieller Titel, steht einer der ältesten und bedeutendsten Kirchen der Christenheit vor und gilt als 117. Nachfolger des Heiligen Markus.
Der unter dem Namen Nasir Gayid Rafail in Abnoub in der oberägyptischen Provinz Assiut geborene Patriarch trat nach Studien der Theologie, der Geschichte und der Archäologie 1954 in das Kloster Deir-es-Surian im Wadi Natrun ein. Papst Kyrillos VI., damals Oberhaupt der koptisch-orthodoxen Kirche, ernannte den 1955 geweihten Priester zu seinem Privatsekretär. Im September 1962 folgte die Weihe zum Bischof. Zehn Jahre später, am 31. Oktober 1971, wurde er zum Oberhaupt der koptischen Kirche gewählt.
Im September 1981 wurde Schenuda II. auf Anordnung des damaligen ägyptischen Staatspräsidenten Anwar el-Sadat im Kloster Anba Bischoy unter Hausarrest gestellt. Nach internationalen Interventionen - u.a. von Johannes Paul II. und Kardinal Franz König - konnte er 1985 wieder nach Kairo zurückkehren.
Pastorale Arbeit ausgebaut
In der Amtszeit Schenudas III. wurde die pastorale Arbeit der koptischen Kirche Ägyptens wesentlich vertieft und ausgebaut. Schon als Student der Kunstgeschichte hatte der künftige Patriarch Kinder in der Sonntagsschule gelehrt. Von seinem Vorgänger wurde er dann zum Bischof mit der Verantwortung für die ganze Sonntagsschulbewegung bestellt, ein Engagement, das er auch nach seiner Wahl zum Patriarchen 1971 weiterführte. Aus dieser Bewegung gingen viele Berufungen hervor, sodaß heute die vorher fast ausgestorbenen Klöster wieder hunderte Mönche zählen, es zahlreiche Priesterstudenten gibt und die Sozialarbeit der Kirche von vielen getragen wird.
Im ökumenischen Dialog engagiert
Schenuda III. ist seit langem im ökumenischen Dialog der Kirchen engagiert. Seit seiner Bischofsweihe widmete er dem Bemühen um die Einheit der Christen besondere Aufmerksamkeit. So nahm Schenuda 1971 als Abgesandter der koptisch-orthodoxen Kirche an den inoffiziellen «Pro Oriente»-Konsultationen zwischen katholischen und altorientalischen Theologen in Wien teil. Durch die dabei erarbeitete «Wiener christologische Formel» wurde der theologische Streit zwischen Altorientalen und Katholiken über das Verhältnis von göttlicher und menschlicher Natur in Christus beigelegt. Papst Paul VI. anerkannte die Formel als Grundlage für den ökumenischen Dialog. Nach seiner Patriarchen-Wahl folgten ökumenische Kontakte Schenudas III. unter anderen mit Papst Paul VI. und dem Patriarchen von Konstantinopel. Schenuda ist bis heute eng mit der Stiftung «Pro Oriente» verbunden.
Zu den offenen theologischen Fragen zwischen katholischer und koptischer Kirche zählen unter anderem die katholische Lehre vom «Reinigungszustand» (Fegefeuer) sowie die heutige katholische Lehrauffassung von der Heilsvermittlung durch nichtchristliche Religionen. Ein klares «Nein» sagt die koptische Kirche auch zu gemischt-konfessionellen Ehen.
12 Millionen Gläubige
Die koptisch-orthodoxe Kirche umfasst weltweit zirka zwölf Millionen Gläubige. Seit der ägyptischen Revolution von 1952 sind fast zwei Millionen koptische Christen ausgewandert. Dadurch entstanden auch in Europa, Nordamerika und Australien koptische Gemeinden. Für sie hat der Patriarch Seelsorger entsandt und seit einigen Jahren auch begonnen, Diözesen zu errichten und Bischöfe zu bestellen. Auch wurden Klöster gegründet und Seminare und Studienakademien eingerichtet.
In Österreich leben etwa 5.000 koptisch-orthodoxe Christen. Gottesdienst feiern die Kopten in der neuen koptisch-orthodoxen Pfarrkirche St. Markus in der Quadenstraße in Wien-Donaustadt. Eine größere koptische Gemeinde gibt es auch in Graz. In Obersiebenbrunn bei Wien entsteht ein koptisches Kloster, im Kärntner Drautal gibt es einen koptischen Wallfahrtsort.
Mit dem im Frühjahr vom österreichischen Parlament beschlossenen orientalisch-orthodoxen Kirchengesetz, mit dem nun die koptisch-orthodoxe Kirche mit den anderen christlichen Kirchen gleichgestellt ist, wurde das letzte Hindernis für einen neuerlichen Besuch Schenudas in Österreich beseitigt. Im Mai kündigte er an, Österreich in naher Zukunft einen offiziellen Besuch abstatten zu wollen. Er werde nach Wien kommen, um die neu errichtete koptisch-orthodoxe Markuskirche zu weihen. Ein Termin sei aber noch nicht fixiert.
Kathpress
1. august 2003