Lateinisches Patriarchat von Jerusalem veröffentlicht 19-Punkte- Reflexion über Probleme der Christen im Heiligen Land
Jerusalem, 3.12.03 (KAP) Der Terror ist nach Einschätzung des lateinischen Patriarchen von Jerusalem, Michel Sabbah, «unlogisch, irrational und ein nicht akzeptables Mittel zur Lösung von Problemen». Allerdings schaffe auch die israelische Besetzung «ungerechte Situationen», aus denen der Terror hervorgehe, heißt es in einem Dokument, dass das lateinische Patriarchat am Mittwoch in Jerusalem veröffentlichte. Das Dokument trägt den Titel «Reflexionen über die Präsenz der Kirche im Heiligen Land» und wurde von einer theologischen Kommission ausgearbeitet.
In den 19 Punkten der «Reflexionen» werden zunächst Terrorismus und Gewalt verurteilt. Scharf kritisiert wird auch die «Mauer» (der israelische Sicherheitszaun), die im «Land und in den Herzen der Menschen» errichtet werde.
Die Beziehungen der Kirche zum Judentum seien davon geprägt, dass die Lehren des Judentums eine «Wurzel» der Kirche sind, heißt es in dem Dokument weiter. Bedauerlich seien die jahrhundertelangen Feindseligkeiten in der Geschichte der jüdisch-christlichen Beziehungen. Im Nahen Osten hätten die Christen aber jahrhundertelang zusammen mit den Juden den Status von «Dhimmis» (Schutzbefohlenen) der islamischen Eroberer geteilt.
Der heutige Kontext der Kirche im Heiligen Land sei einmalig, denn die Kirche existiere seit 1948 in einem jüdischen Staat mit einer jüdischen Mehrheit. Zugleich sei die nationale Identität der Mehrheit der Christen «eingeschlossen» in den Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern beziehungsweise der arabischen Welt.
Die Autoren der «Reflexionen» heben hervor, dass es auch eine hebräischsprechende Gemeinde gibt, die unter den Juden lebe. Erst kürzlich habe der Papst einen Bischof (Jean-Baptiste Gourion) für diese Gemeinde ernannt. Die Kirche suche ständig nach einem Dialog «mit unseren jüdischen Brüdern und Schwestern».
«Zeugin militärischer Okkupation»
Die Kirche sei Zeugin der israelischen militärischen Okkupation palästinensischen Landes, heißt es weiter. Gleichwohl sei der jüdisch-christliche Dialog von den «politischen Optionen Israels» zu trennen. Während die Christen in Israel in einem «permanenten Dialog des Lebens und der Freundschaft mit ihren jüdischen Nachbarn» lebten, belehrten die katholischen Einrichtungen in den palästinensischen Gebieten die Christen über das Judentum und dessen Erbe.
Das Verhältnis zu den Muslimen sei von Land zu Land unterschiedlich, halten die «Reflexionen» fest. Im Heiligen Land gebe es seit mehr als 1.300 Jahren ein Zusammenleben zwischen Christen und Muslimen. Heute sei dieses Zusammenleben von der Suche nach einem Gleichgewicht zwischen Modernität, Pluralismus, Demokratie und einem Streben nach Frieden und Gerechtigkeit geprägt. Die Haltung der Christen sei bestimmt durch die positiven Lehren der Kirche über die Muslime seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962-1965).
Im Kapitel über die «Realität» im interreligiösen Verhältnis ist von im Allgemeinen guten Beziehungen die Rede. Es werden jedoch auch Schwierigkeiten angedeutet, etwa Unwissen über die jeweilige Gegenseite, Unsicherheiten durch ein Vakuum bei zuständigen Behörden, Diskriminierungen oder versuchte Islamisierung durch «gewisse politische Bewegungen».
Kathpress
3. desember 2003