Sowohl israelische als auch palästinensische Politiker versuchen, aus der Frage des christlichen Pilgertourismus Kapital zu schlagen
Jerusalem, 23.12.03 (KAP) In kirchlichen Kreisen des Heiligen Landes herrscht Unbehagen über die politische «Instrumentalisierung» der Frage des christlichen Pilgertourismus sowohl von israelischer wie von palästinensischer Seite. Gerade die christliche Minorität des Heiligen Landes ist stark auf die mit dem Pilgertourismus verbundenen wirtschaftlichen Aktivitäten angewiesen. Die blutigen Auseinandersetzungen der letzten Jahre, die zum Zusammenbruch des Pilgertourismus geführt haben, hatten daher für die Christen besonders katastrophale wirtschaftliche Auswirkungen.
Bethlehem hat im Tourismussektor nach Angaben des palästinensischen Tourismusministers Mitri Abu Aita zur Zeit eine Arbeitslosenquote von gut 60 Prozent zu verzeichnen. Die anhaltende Krise habe vielen Hotels, Restaurants, Kunsthandwerkern und Reiseunternehmen ihre wirtschaftliche Grundlage entzogen, sagte Aita am Dienstag vor Journalisten in der Geburtsstadt Jesu. Er warf den Israelis außerdem vor, den meisten Palästinensern die Reise von Jerusalem oder Jericho nach Bethlehem zu verweigern.
Zugleich beschuldigte der Minister die Israelis, zum dritten Mal in Folge Palästinenserpräsident Arafat von der Teilnahme an den Weihnachtsfeiern auszuschließen. Israelische Behördensprecher hatten in den vergangenen Tagen wiederholt betont, Arafat habe keinen offiziellen Antrag auf einen Besuch Bethlehems zu Weihnachten eingereicht. Aus der Umgebung Aitas hieß es dazu, der Palästinenserpräsident habe 2002 diesen Besuch bei den Israelis offiziell beantragt, er sei aber verweigert worden; deshalb habe er heuer auf einen offiziellen Antrag von vornherein verzichtet.
Aita forderte ausländische Touristen auf, vermehrt die Geburtsstadt Jesu zu besuchen. Tourismus könne zu einem besseren Verständnis der Völker im Heiligen Land und der verschiedenen Kulturen führen. Bethlehem sei für ausländische Besucher eine «ruhige und sichere» Stadt, betonte der Minister.
Der israelische Tourismusminister Benny Elon wollte am Dienstag persönlich den Millionsten Israel-Touristen des Jahres 2003 auf dem Flughafen in Lod begrüßen. Allerdings waren im Milleniumsjahr noch etwa drei Millionen Touristen und Pilger nach Israel gekommen, obgleich es Ende 2000 wegen der beginnenden zweiten Intifada einen schweren Einbruch bei den Touristenströmen gab.
Zu Weihnachten versucht das israelische Tourismus-Ministerium heuer Nazareth ins Blickfeld zu rücken, um vom palästinensischen Bethlehem abzulenken. Wegen der «angespannten Beziehungen» mit der palästinensischen Autonomiebehörde werde das israelische Fernsehen nicht wie früher die katholische Mitternachtsmette aus Bethlehem live übertragen, sondern die aus Nazareth.
Am Dienstag würden die Kirchenführer in Nazareth einen Blumenstrauß als Weihnachtsgruß zugestellt bekommen, teilte das Tourismusministerium weiter mit. Mit dem Weihnachtsgruß war eine Einladung zum feierlichen «Neujahrsempfang» verbunden, den das Tourismusministerium ausgerechnet auf den 24. Dezember gelegt hat. Eingeladen sind auch Bürgermeister und Industrielle aus Obergaliläa.
Der Neujahrsempfang an Heiligen Abend soll die Stellung von Nazareth als «führendes Tourismuszentrum Israels» unterstreichen. Der Empfang wird im Auditorium der katholischen Verkündungsbasilika stattfinden. Auch an Touristen will das Ministerium Einladungen austeilen, an der Mitternachtsmette in der Verkündigungsbasilika teilzunehmen, wobei der Hinweis nicht vergessen wird, dass auch «Erfrischungen» verteilt würden.
Kathpress
23. desember 2003