Straßburg, 15.1.04 (KAP) Der Europarat berät ab Freitag abermals über einen umstrittenen Euthanasie-Bericht. Zur Diskussion steht die Forderung, in den 45 Europarats-Mitgliedsstaaten aktive Sterbehilfe unter bestimmten Bedingungen straffrei zu stellen. Enthalten ist die Forderung in einem im Herbst von der Tagesordnung genommenen Bericht des Schweizer Liberalen Dick Marty. Dieser Bericht steht am Freitag erneut im Sozial- und Gesundheitsausschuss der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zur Debatte.
Am 29. Jänner soll das Plenum der Parlamentarischen Versammlung des Europarates den Bericht beraten. Das Votum am Freitag im Ausschuss hat nur empfehlenden Charakter. Die endgültige Entscheidung trifft das Plenum der Parlamentarischen Versammlung.
Zum Marty-Bericht liegen zahlreiche Änderungsanträge vor. Besonders umstritten ist der Passus, wonach die Mitgliedsstaaten prüfen sollen, ob Ärzte straffrei bleiben sollen, die «unheilbar Kranken bei der Beendigung ihres Lebens helfen, die ohne Hoffnung auf Besserung dauerhafte und nicht hinnehmbare Leiden ertragen müssen». Dazu gibt es fünf Änderungsanträge. Gefordert wird dabei unter anderem die Streichung des Abschnitts. Andere Anträge plädieren für eine stärkere Förderung der sterbebegleitenden Palliativmedizin. Polnische Abgeordnete verlangen, die Vereinbarkeit der belgischen und niederländischen Sterbehilfe-Gesetzgebung mit der Europäischen Menschenrechtskonvention überprüfen zu lassen.
Bisher hatte der Europarat die Sterbehilfe eindeutig abgelehnt. 1999 hatte die Parlamentarische Versammlung eine Empfehlung angenommen, in der ausdrücklich eine «Liberalisierung» der Gesetze zur Sterbehilfe abgelehnt wird. In der Zwischenzeit traten in den Niederlanden und Belgien Gesetze in Kraft, die aktive Sterbehilfe straffrei stellen, sofern bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Die Empfehlungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates sind nicht verbindlich; sie haben aber politische Bedeutung.
Im vergangenen Herbst war die Empfehlung, Euthanasie unter bestimmten Bedingungen straffrei zu stellen, vom Sozial- und Gesundheitsausschuss der Parlamentarischen Versammlung des Europarats gebilligt worden. Der Rechtsausschuss sprach sich gegen diese Forderung im Marty-Bericht aus. Das Plenum der Parlamentarischen Versammlung vertagte die Debatte.
Kathpress
15. januar 2004