Israels Großrabbiner beim Papst - Der «Siebenarmige Leuchter» aus dem Tempel kam nicht zur Sprache
«Kathpress»-Korrespondentenbericht von Johannes Schidelko
Vatikanstadt, 16.1.04 (KAP) Die beiden israelischen Großrabbiner sprachen von einer «historischen Begegnung», der Papst bekräftigte in bewegten Worten die Verpflichtung der katholischen Kirche zum jüdisch-christlichen Dialog. Während derzeit auf politischer Ebene zwischen dem Vatikan und Israel Verstimmungen unüberhörbar sind, gehen die religiösen Kontakte zwischen katholischer Kirche und Judentum hochrangig weiter.
Für die beiden neuen Großrabbiner Israels - Yona Metzger und Shlomo Moshe Amar - war es ein Antrittsvisite beim Papst, die zugleich als Gegenbesuch für die Jerusalem-Visite des Papstes im Jahr 2000 galt. Anlass für ihren Rom-Aufenthalt unter scharfen Sicherheitsvorkehrungen war die Teilnahme an einem interreligiösen Versöhnungs-Konzert im Vatikan. Unter Leitung von Gilbert Levine führt das Pittsburgh Symphony Orchestra am Samstag mit christlichen, jüdischen und muslimischen Musikern die Zweite Symphonie von Gustav Mahler sowie das Werk «Abraham» des Komponisten John Harbison auf. Das Mittel der Musik soll ein Beitrag zu einem «friedlichen Zusammenleben aller Söhne Abrahams» sein, begründete der Vatikan die hochkarätige Initiative.
Der offizielle Dialog der Katholischen Kirche mit dem Oberrabbinat von Israel sei ein «großes Zeichen der Hoffnung», betonte Johannes Paul II. In seinen bisherigen 25 Dienstjahren hätten der Dialog zwischen den beiden Religion und das Bemühen um gegenseitiges Verständnis, Respekt und Zusammenarbeit einen zentralen Platz eingenommen. Den Besuch im Heiligen Land 2000 und die Begegnungen an der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem und den Gang zur Klagemauer bezeichnete er als «Highlights» seines Pontifikats. Seine kurze Rede gipfelte jetzt in dem Appell: «Wir dürfen keine Anstrengung scheuen, gemeinsam eine Welt von Gerechtigkeit, Frieden und Versöhnung für alle Menschen aufzubauen».
Auch die beiden Großrabbiner knüpften an die bewegende Jerusalem-Reise des polnischen Papstes an - und sie nahmen ihn beim Wort. Nach einem Kommunique der israelischen Vatikan-Botschaft zitierten sie bei der Audienz mehrfach aus den damaligen Papstreden, in denen er zur Sensibilisierung gegenüber allen Formen des Antisemitismus gemahnt hatte. Man müsse die Jugend erziehen, dass Antisemitismus und jede Form von Rassismus eine «Sünde gegen Gott und die Menschheit» sei. Und weiter: «Wir müssen gemeinsam eine Zukunft aufbauen, in der es unter Christen keine Antijudaismus mehr gibt und unter Juden keine antichristlichen Gefühle».
Symbolischen Charakter hatte das Gastgeschenk der Besucher aus Israel: Ein Chanukka-Leuchter vor dem Hintergrund von Jerusalem, der «Heiligen Stadt der drei monotheistischen Religionen, die Symbol der Hoffnung auf Frieden für die ganzen Menschheit ist», wie das Kommunique betont. Ein anderer Leuchter hatte dagegen im Vorfeld des Rabbiner-Besuchs für Spekulationen gesorgt: Der berühmte Siebenarmige Leuchter, der bei der Zerstörung des Jerusalemer Tempels im Jahr 70 von Titus nach Rom geschleppt wurde. Nach hartnäckigen, aber abwegigen Gerüchten soll er noch immer im Vatikan versteckt sein. Schon einmal - 1996 - hatte ein israelischer Minister den Papst bei einer Audienz um Hilfe bei der Suche nach diesem Tempelschatz gebeten. Ein Mitarbeiter räumte später ein, es habe sich um einen Medien-Gag gehandelt. Wissenschaftler gehen davon aus, dass der Leuchter mit den übrigen Kultgegenständen zunächst im römischen Friedens-Tempel deponiert wurde. Bei einem Brand um das Jahr 190 konnte er nach alten Berichten gerettet werden. Dann aber, so sind sich archäologische Forscher einig, wurde er vom Vandalen-König Geiserich nach Karthago transportiert. Und von dort sei er nach Konstantinopel gelangt - wo sich die Spuren verlieren. Über den Leuchter hätten sie mit dem Papst nicht gesprochen, versicherten die Rabbiner anschließend.
Kathpress
16. januar 2004