Präsident des Päpstlichen Medien-Rates, Erzbischof Foley, nahm zur Diskussion um «The Passion of the Christ» Stellung: «Antisemitismus ist eine Sünde»
Vatikanstadt-Rom, 20.2.04 (KAP) «Ich hoffe, dass die Leute den Film 'The Passion of the Christ' als Meditation über unsere Schuld am Leiden Christi sehen werden», sagte der Präsident des Päpstlichen Medien-Rates, Erzbischof John P. Foley, in einem Gespräch mit der US-amerikanischen katholischen Nachrichtenagentur CNS. Persönlich habe er bei der Betrachtung des Films «an die Sündhaftigkeit von jedem von uns» denken müssen, betonte der Erzbischof. Er habe auch dem Direktor der jüdischen Menschenrechtsorganisation «Anti-Defamation League» (ADL), Abraham Foxman, bei dessen Rom-Besuch erklärt, dass er in dem Film Gibsons «keinen Antisemitismus» entdecken konnte. Foxman habe ihm aber zu verstehen gegeben, dass er die Dinge anders sehe.
In jedem Fall hoffe er, dass sich die Leute die Lehrüberzeugung der katholischen Kirche vor Augen halten, wonach Antisemitismus «eine Sünde ist», sagte Erzbischof Foley. Der Präsident des Päpstlichen Medien-Rates erinnerte an die Juden-Erklärung des Zweiten Vatikanischen Konzils «Nostra Aetate», in der eindeutig festgestellt wurde, dass man die Ereignisse des Leidens Jesu «weder allen damals lebenden Juden ohne Unterschied noch den heutigen Juden zur Last legen» dürfe.
Abraham Foxman sagte seinerseits, er wolle die katholische Kirche darauf aufmerksam machen, dass Mel Gibson «die Lehre der Kirche» herausfordere. Wörtlich meinte der ADL-Direktor: «Er vermarktet den Film als Wahrheit des Evangeliums, als historische Wahrheit, in einer Art und Weise, die im Gegensetz zu den Lehren des Zweiten Vaticanums und den kirchlichen Richtlinien für die Darstellung der Passion Jesu steht». Die ADL appelliere daher an die Bischofskonferenzen in aller Welt, die Lehre des Zweiten Vaticanums in Erinnerung zu rufen und den Menschen verständlich zu machen, dass «The Passion of the Christ» Gibsons Version des Evangeliums ist, «nicht das Evangelium selbst».
Nahezu 2.000 Jahre hindurch hätten vier Worte - «Die Juden töteten Christus» - als Begründung des Antisemitismus gedient, sagte Foxman. Deshalb sei er so besorgt wegen des Films. Er schätze es aber sehr, dass Vertreter des Vatikans und andere christliche Führungspersönlichkeiten ihren Eindruck betonen, der Film gebe die Schuld am Tod Christi allen Menschen und deren Sünden. Aber viele Juden würden den Film anders empfinden: «Am Ende haben sie den Eindruck, dass zwar alle schuldig sind, aber die Juden mehr als die anderen».
Auch der italienische Schriftsteller Vittorio Messori, der als bisher einziger europäischer Journalist die Endfassung des Films gesehen hat, nahm zur Antisemitismus-Frage Stellung. Mit den Begriffen Antisemitismus oder Antijudaismus müsse man vorsichtig umgehen, stellte Messori fest: «Seit ich den Film gesehen habe, meine ich, dass jene amerikanischen Juden Recht haben, die ihre Glaubensgenossen aufforderten, den Film anzusehen, bevor sie ihn verurteilen».
Es sei klar, dass nicht die Schuld dieses oder jenes Menschen Christus niedergedrückt habe, sondern die «Sünden der ganzen Menschheit ohne Ausnahme», stellte Messori fest. Außerdem: «Ist nicht Johannes, der Maria aufnimmt, ein Jude? Sind nicht die fromme Veronika, der ungestüme Simon von Cyrene, die verzweifelt weinenden Frauen von Jerusalem, und Petrus, der nach der Vergebung seines Verrats für seinen Meister sterben wird, alle Juden?»
Am Beginn des Films stelle Magdalena an Maria jene Frage, die bei jedem Pesach-Mahl gestellt wird: «Warum ist diese Nacht anders als alle übrigen Nächte?» und Maria gebe die rituelle Antwort: «Sklaven waren wir einst dem Pharao in Ägypten. Da führte uns der Ewige, unser Gott, von dort heraus mit starker Hand». Das gelte für alle, Juden wie Heiden, so Messori.
Kathpress
20. februar 2004