Im Heiligen Land wächst «auf beiden Seiten die Verzweiflung»
Jerusalem-Bonn, 4.3.04 (KAP) Frieden im Heiligen Land ist nach Einschätzung des Abtes der Jerusalemer Abtei Hagia Maria Sion (Dormitio), Benedikt Lindemann, ohne das «klare Eingreifen» der USA und Europas und «vernünftige Politiker» nicht möglich. Der Leidensdruck der Bevölkerung auf beiden Seiten werde immer größer, beklagte Lindemann am Mittwochabend in Bonn. Der aus dem Sauerland stammende Benediktiner leitet seit 1995 das Kloster auf dem Jerusalemer Zionsberg.
Die Arbeitslosenquote in den palästinensischen Gebieten sei extrem hoch, die Bevölkerung verarme zusehends, aber auch Israel leide wirtschaftlich stark unter dem politischen Konflikt, unterstrich der Abt. Auf beiden Seiten wachse die Verzweiflung. Lindemann, der Anfang vergangenen Jahres das interreligiöse Friedenszentrum «Beit Benedikt» ins Leben gerufen hat, betonte, vor allem die Zahl der Jugendlichen wachse, die sich nicht länger mit der Situation abfinden wollen. Seit Ausbruch der zweiten Intifada verschlimmere sich die Lage im Heiligen Land zusehends. Es werde Generationen brauchen, um die seelischen Zerstörungen auf beiden Seiten zu heilen, so Lindemann.
Mit der Friedensakademie versuchen die Mönche nach den Worten des Abtes, einen neutralen Ort der Gastfreundschaft anzubieten. Leider habe die Berliner Regierung bislang keine finanzielle Unterstützung zugesagt, bedauerte der Abt. Das Kloster leide finanziell stark unter den schwindenden Pilgerzahlen.
Die Benediktiner, die auch in Tabgha am See Genezareth ein Pilgerzentrum und ein Jugend- und Behindertenhaus betreiben, würden von beiden Konfliktparteien geschätzt und geachtet. «Ich denke, dass wir als Christen die Aufgabe und Gabe haben, Frieden zu stiften und für die Hoffnung zu werben», sagte Lindemann.
Die Anfang des 20. Jahrhunderts errichtete Abtei Dormitio wurde bei ihrer Einweihung 1906 dem Benediktinerorden anvertraut. Von 1948 bis 1967 stand sie im Niemandsland zwischen Israel und Jordanien und war über Jahre verlassen.
Kathpress
4. mars 2004