Jerusalem-Bonn, 23.5.04 (KAP) Der Jerusalemer Benediktinerabt Benedikt Lindemann hat vor einem Exodus der einheimischen Christen aus dem Heiligen Land gewarnt. Die dortigen Christen könnten «in der gegenwärtigen Auseinandersetzung die eigentlichen Verlierer sein», sagte der Abt der Abtei Hagia Maria Sion (Dormitio) am Wochenende in Bonn. Angesichts der anhaltenden Gewalt und der schlechten sozialen Lage sollten die Kirchen in Europa für die Christen im Lande Jesu «die Stimme erheben». Lindemann äußerte sich bei einer Tagung zum 30-jährigen Bestehen des «Theologischen Studienjahrs Jerusalem», das der Abtei angeschlossen ist.
Das Studienjahr ermöglicht katholischen und evangelischen Theologiestudierenden aus den deutschsprachigen Ländern zwei Studiensemester in Jerusalem. Lindemann betonte, die Einrichtung habe bleibende Priorität für die Abtei; er verwies auf die Nähe zum Ort des Letzten Abendmahls Jesu. Man könne sich wohl kaum eine «schönere ökumenische Ausrichtung» vorstellen als in dieser unmittelbaren Nähe zum Abendmahlssaal.
Der Vorsitzende des Katholisch-Theologischen Fakultätentages, der Münchener Dogmatiker Peter Neuner, betonte bei der Tagung, das Studienjahr stehe auf gleicher Stufe mit allen etablierten Fakultäten in Deutschland. Dort würden Herausforderungen des ökumenischen Dialogs angegangen, die sich die Verantwortlichen der deutschen Lehreinrichtungen «hinter die Ohren schreiben müssen». Gerade wegen der ökumenischen Offenheit gebe es «Vergleichbares» in Deutschland nicht.
Die 1906 gegründete Abtei und das «Josefshaus», in dem die Lehrer und die Studenten wohnen, liegen am Rande der Jerusalemer Altstadt außerhalb des Zionstores. Diese Lage zählt zu den prägenden Elementen des «Studienjahrs», das Ökumene und den Dialog mit Juden und Muslimen besonders im Blick hat.
Kathpress
23. mai 2004