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Publisert 29. oktober 1999 | Oppdatert 6. januar 2011

Weihbischof Krätzl und ehemaliger Superintendent Gerhold zur Unterzeichnung der gemeinsamen katholisch-lutherischen Erklärung zur Rechtfertigungslehre: Weg für weitere ökumenische Annäherung frei

Wien, 29.10.99 (KAP) Die Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre durch höchste Repräsentanten der katholischen und der lutherischen Kirche am kommenden Sonntag in Augsburg ist ein Ereignis von großer historischer Tragweite. Das erklärten übereinstimmend der Wiener Weihbischof Helmut Krätzl und der frühere Superintendent A.B. in der Steiermark, Ernst-Christian Gerhold, am Freitag im Gespräch mit "Kathpress". Da in einer entscheidenden Frage ein Grundkonsens zwischen beiden Kirchen erreicht wurde, sei der Weg für eine weitere ökumenische Annäherung offen. Krätzl und Gerhold werden - zusammen mit Oberin Christine Gleixner, der stellvertretenden Vorsitzenden des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich - an den Feierlichkeiten in Augsburg teilnehmen.

Bischof Krätzl - er ist in der Österreichischen Bischofskonferenz gemeinsam mit Kardinal Schönborn für Ökumene zuständig - erklärte, die Einigung in der Rechtfertigungslehre könne Modell für ökumenischen Konsens in anderen Fragen sein. Man habe sich in Grundfragen geeinigt, aber in Detailfragen eigene Positionen beibehalten, die nicht mehr trennend wirken.

Kommende Verhandlungen "nicht einfach"

Als Folge der Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung erhoffe er eine weitere Verbesserung des ökumenischen Klimas zwischen lutherischer und katholischer Kirche und rasche Fortschritte in den Fragen, die nun anstehen, sagte Krätzl. Allerdings dürften die Gespräche über Amtsverständnis, Sakramente und eucharistische Gastfreundschaft trotz der jetzigen Einigung in der Rechtfertigungslehre nicht einfach werden. Beide Fragen hingen für die katholische Kirche eng zusammen.

Kritische Stimmen aus beiden Kirchen zur Gemeinsamen Erklärung wertete Krätzl als mögliche "Angst um die eigene Identität". Diese Identität sei durch das Dokument für beide Kirche sicher nicht gefährdet, hob er hervor. Beide Kirchen müssten nun trachten, die schwierige theologische Frage der Rechtfertigung für die Menschen von heute deutlich und verständlich zu machen. Man müsse eine neue, gemeinsame Sprache finden für Sünde, Schuld, Vergebung und Versöhnung.

"Neue, geschwisterliche Situation"

Der frühere Superintendent Gerhold, der im Lutherischen Weltbund (LWB) an der Ausarbeitung der Gemeinsamen Erklärung mitgearbeitet hatte, wies darauf hin, dass der Vatikan mit der Unterschrift in Augsburg erstmals ein gemeinsames Dokument auf dieser Ebene rezipiere. Dies sei ein "wirklicher ökumenischer Meilenstein". Damit sei der "größte Stein des Anstoßes zwischen den beiden Kirchen aus dem Weg geräumt: Die Lutheraner seien damit für die Katholiken nicht mehr die "Ketzer" und sie selbst müssten sich nicht mehr als "anti-römisch-katholisch" definieren.

Die nächsten ökumenischen Schritte könnten nun "unbelastet von bisherigen Verurteilungen" angegangen werden. Das sei "eine geschwisterliche Situation, die wirklich neu ist". Fragen wie das gemeinsame Abendmahl könnten nun beide Kirchen "nicht mehr auf lange Bank schieben, sonst werden wir unglaubwürdig", so Gerhold. Auch wenn für viele Gläubige die theologische Debatte um die Rechtfertigung weit abgehoben sei, müsse man ihnen deutlich machen, dass der jetzige Grundkonsens eine Reihe praktischer Folgen haben werde.

Zu den kritischen Stimmen aus den eigenen Reihen meinte Gerhold, derzeit bestehe die Kritik aus "vielen Thesen und wenig Argumenten". Es erschrecke ihn, dass das Wissen um die Vorgänge rund um die Entstehung der Gemeinsamen Erklärung sehr gering sei. Hier müsse man für viel mehr Information und Transparenz sorgen, dann werde sich der Streit hoffentlich rasch versachlichen. Anfängliche Kritiker wie etwa Prof. Ernst Jüngel hätten inzwischen ihre ablehnende Haltung bereits revidiert.

Auch lutherische "Tabuthemen" angehen

Nach den Worten Gerholds muss auch die lutherische Kirche aus dem Grundkonsens über die Rechtfertigungslehre Konsequenzen ziehen. Das Abendmahl müsse als "zweiter Höhepunkt" des Gottesdienstes wieder mehr Gewicht erlangen, manche Tendenzen einer Überbetonung des Wortes sollten zurückgenommen werden. Weiters müsse man lutherischerseits neu über Buße und Beichte nachdenken. Die evangelische Theologie habe bisher nur thematisiert, dass der Mensch die von Gott unverdient gewährte Gnade, die ihn allein erlöst, ablehnen kann. Wie weit der Mensch diese Gnade annehmen muss und wie weit er seine Sünden wiedergutmachen muss, diesen Fragen dürfe auch die evangelische Theologie nicht mehr ausweichen.

Auch sollten die Lutheraner "plakative Bilder" von der katholischen Kirche (Stichworte: Heiligenverehrung, Marienfrömmigkeit) beiseite legen und sich Fragen nach der Bedeutung der Tradition und des Amtes neu stellen. Die beiden Kirchen sollten voneinander lernen und über eine "neue Symbolik im Glauben" nachdenken. (schluss)

K199906213

KATHPRESS/Kirchen/Ökumene/Krätzl/Gerhold/Rechtfertigungslehre

KI/KAP (KathPress/Katolsk Informasjonstjeneste)

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