Palästinensische Polizisten greifen erneut in Besitzstreit zwischen der russischen "Auslandskirche" und dem Moskauer Patriarchat ein
München-Jerusalem (KAP) In Jericho ist es zu einem Konflikt um ein russisch-orthodoxes Kloster gekommen. Palästinensische Sicherheitskräfte drangen am Samstag gewaltsam in das Klostergebäude ein, verhafteten die Ordensleute und nahmen sie in Gewahrsam, teilte Erzpriester Nikolai Artemoff von der Russisch-Orthodoxen Auslandskirche (Synode von Jordanville) in München mit. In der Zwischenzeit habe der um Hilfe gebetene US-amerikanische Generalkonsul in Jerusalem bei Palästinenser-Präsident Yassir Arafat interveniert, der die Rückkehr der Mönche veranlasst habe.
Der Streit um das Eigentum der russisch-orthodoxen Kirche im Ausland schwelt seit der Gründung der Auslandskirche in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts. In den Augen der Auslandskirche hatte sich das Moskauer Patriarchat zu stark dem Druck des kommunistischen Regimes gebeugt. Die Auslandskirche wird von den orthodoxen Schwesternkirchen in aller Welt nicht anerkannt.
Im Nahen Osten wurde der Eigentumsstreit in den fünfziger Jahren angeheizt. Israel allen Kirchenbesitz im Land dem Moskauer Patriarchat. In Jordanien und im damals von Jordanien kontrollierten Westjordanland einschließlich Ostjerusalem hatte jedoch nur die russisch-orthodoxe Auslandskirche Zutritt. Nach den Eroberungen Israels im Sechs-Tage-Krieg von 1967 stellte das Moskauer Patriarchat Ansprüche auf die umfangreichen Besitztümer - Kirchen, Klöster und Kapellen - im Westjordanland, die noch in der Zarenzeit im Heiligen Land erworben worden waren.
Die jetzige Aktion der palästinensischen Behörden ist Teil dieses Konflikts. Nach der Rückkehr von einer Pilgerfahrt hätten die Mönche das Kloster vom "Leiter der Mission der Russisch-Orthodoxen Kirche des Moskauer Patriarchats im Heiligen Land" besetzt vorgefunden, der ihnen den Zutritt verwehrte, teilte Artemoff mit. Der Vertreter des Moskauer Patriarchats habe betont, er erfülle nur den "Auftrag seiner Regierung".
Verletzung des Friedensabkommens
Artemoff rief die Öffentlichkeit auf, gegen das Unrecht zu protestieren. Er meinte, die Vorgänge seien ein Beweis dafür, wie abhängig das Moskauer Patriarchat noch immer von den Weisungen im Kreml sei. Durch den Überfall würden die religiösen Rechte anderer mit Füßen getreten und der empfindliche Status quo im Heiligen Land in unverantwortlicher Weise gefährdet.
Der palästinensische Sicherheitschef Jibril Rajoub rechtfertigte nach einem Bericht der israelischen Tageszeitung "Jerusalem Post" vom Dienstag das Vorgehen der Milizen. Der Moskauer Patriarch Aleksij II. habe bei seinem jüngsten Besuch im Heiligen Land Palästinenserführer Yassir Arafat eine Besitzurkunde über das Kloster vorgelegt, so Rajoub.
Vertreter der russisch-orthodoxen Auslandskirche wiesen das Dokument als Fälschung zurück. Sie äußerten die Befürchtung, dass die palästinensischen Autoritäten die Existenz ihrer Kirche im Heiligen Land zu Gunsten guter Beziehungen mit Moskau auslöschen wollten. Eine der "Moskauer" Ordensfrauen, die das Kloster derzeit "besetzt" halten, ist Maria Stephanopoulos, die Schwester eines ehemaligen Beraters von US-Präsident Bill Clinton. Sie erklärte, sie wolle so lange bleiben, bis das Kloster wieder in den Händen ihrer Kirche, des Moskauer Patriarchats, sei.
Die palästinensische Autonomie-Behörde hatte bereits 1997 in einen Besitzstreit zwischen dem Moskauer Patriarchat und der russisch-orthodoxen Auslandskirche eingegriffen. Damals stürmten palästinensische Polizisten gewaltsam das Kloster "Eiche des Abraham" in Hebron im Westjordanland, vertrieben dort lebende Ordensleute und übergaben es Geistlichen des Moskauer Patriarchats. Das Vorgehen war von Arafat gebilligt worden; der Moskauer Patriarch Aleksij II. hatte ihn bei einem Besuch in Bethlehem gebeten, bei der Rückgewinnung des Eigentums von der Auslandskirche behilflich zu sein.
Israel kritisierte damals, das Vorgehen der Palästinenser-Behörden verletze das Friedensabkommen zwischen Israel und den Palästinensern, in dem von beiden Seiten die Respektierung des Status quo bei den religiösen Stätten und Besitztümern festgehalten sei. Kritik kam auch aus den USA.
Kathpress