Umstrittene Äußerungen des israelischen Außenministers Levy werden auch Thema des Besuches des libanesischen Regierungschefs Hoss am Donnerstag im Vatikan sein
Beirut, 29.2.00 (KAP) Der verbale Schlagabtausch zwischen Israel und dem Libanon bzw. der arabischen Welt ist in den vergangenen Tagen in bedenklichem Ausmaß eskaliert und wirft einen bedrohlichen Schatten auf den geplanten Papstbesuch in die Region in drei Wochen. Auslöser der Eskalation waren Drohungen von Israels Außenminister David Levy mit "verbrannter Erde im Libanon", sollten Beirut und Damaskus die schiitische Hisbollah-Miliz nicht abhalten, israelische Kleinstädte und Ortschaften entlang der Nordgrenze mit Raketen zu beschießen.
Das Thema "Hisbollah und Israel" wird aller Voraussicht nach auch im Mittelpunkt des Besuchs des libanesischen Ministerpräsidenten Selim Hoss bei Papst Johannes Paul II. am Donnerstag im Vatikan stehen. Der Papst besucht von 20. bis 26. März Jordanien, Israel und Bethlehem im palästinensischen Selbstverwaltungsgebiet.
Vergleiche aus Nazi-Kriegspolitik
Levy hatte als Reaktion auf neue Hisbollah-Angriffe auf Ziele in Nordisrael in der Knesset wörtlich erklärt, Beirut müsse zahlen, "Blut für Blut, Mensch für Mensch und Kind für Kind". Entrüstet über diese Aussage hatten arabische Abgeordnete umgehend die Knessetsitzung verlassen. Das darauf folgende Verbalduell zwischen Israel und dem Libanon bzw. Syrien erreichte bisher unbekannte Tiefen mit gegenseitigen Schuldzuweisungen und Vergleichen aus der Nazi-Kriegspolitik bzw. der französischen Resistance gegen die deutschen Besetzer.
Ministerpräsident Hoss sagte, Levy habe sich als jemand zu erkennen gegeben, der unter Hochmut und Rassismus leide. Syrische und libanesische Medien wetterten in martialischer Tonstärke gegen Israel und bezeichneten Levys Vergeltungsdrohungen als offene Kriegserklärung. Syriens Regierungsorgan "Tishrin" verstieg sich sogar zur Behauptung, die Shoah sei nicht mehr als eine Erfindung und Geschichtsfälschung der Zionisten.
Selbst manche kirchliche Stimmen des Libanon verteidigen vor diesem Hintergrund die Hisbollah. So erklärte der orthodoxe Metropolit Georges Khodr gegenüber der Schweizer katholischen Presseagentur KIPA/APIC: "Im Libanon wird die die Hisbollah von allen geschätzt, weil sie den Widerstand gegen die israelische Okkupationsmacht praktiziert. Ihr bezeichnet sie als 'Terroristen'. Aber in Beirut verhält sie sich klug."
Auch in den palästinensischen Medien wurde der Ton schriller und aggressiver. Arafats Berater bezeichneten den US-Nahostbeauftragten Dennis Ross - er ist Jude - als Israel-Sympathisanten, der nicht mehr als neutraler Vermittler und unparteiischer Schlichter betrachtet werden könne.
Die israelische Luftwaffe griff erstmals nach zwei Wochen wieder Ziele im Südlibanon an. Zeitgleich lieferten sich israelische Soldaten mit Hisbollah-Milizionären Feuerwechsel. Ein Kommandant der in Südlibanon kämpfenden Hisbollah kündigte an, dass trotz der israelischen Drohungen und Angriffe auf die libanesische Infrastruktur weitergekämpft werde.
Auch Jospin verurteilte Hisbollah
Bei einem Besuch in Jerusalem verurteilte auch der französische Premierminister Lionel Jospin den Kampf der Hisbollah zur Vertreibung der israelischen Armee aus dem Süden Libanon in scharfer Form. Bisher hatte Frankreich, das enge Beziehungen zu den arabischen Ländern unterhält, nicht in dieser Schärfe Hisbollahangriffe kritisiert. Jospin rief aber auch Israel auf, keine zivilen Ziele in Libanon anzugreifen.
Jospins Äußerungen zur Hisbollah führte zu einem Eklat, als der Ministerpräsident die Palästinenser-Universität Bir Set nördlich von Ramallah besuchte. Jospin wurde von wütendenden Studenten mit Steinen beworfen und am Hinterkopf leicht verletzt.
Kathpress