Erklärung des österreichischen Koordinierungsausschusses für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit zur Pilgerreise Johannes Pauls II. - Für theologische Auseinandersetzung mit dem Phänomen des Staates Israel
Wien-Jerusalem, 17.3.00 (KAP) Der Papstbesuch in Israel könne ein Besuch von "tiefer symbolischer Zeichenwirkung" sein, heißt es in einer am Freitag veröffentlichten Erklärung des österreichischen Koordinierungsausschusses für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. Israel müsse durch den Papstbesuch das Vertrauen gewinnen, dass sich die Kirche solidarisch mit dem jüdischen Volk erklärt und zugleich die moralische Anwaltschaft einer gerechten und umfassenden Friedensordnung im Nahen Osten übernimmt. Gerade in der Frage nach einem befriedigenden endgültigen Status für Jerusalem dürfe die Kirche nicht "einseitige Interessen und politische Standpunkte" verfolgen. Sie müsse allen Ansätzen ein offenes Ohr leihen und vermittelnd tätig sein.
Anders als die evangelischen Kirchen habe die katholische Kirche die Frage nach dem Staat Israel in den Erklärungen zum Verhältnis von Christen und Juden praktisch unerwähnt gelassen, wird in der Erklärung des Koordinierungsausschusses erinnert. Dieses Schweigen sei mit dem Hinweis auf die Rücksichtnahme auf die Christen unter den Palästinensern nur unzureichend erklärt.
Für den Präsidenten des Koordinierungsausschusses, Prof. Gerhard Bodendorfer, spiegelt sich im Schweigen der Kirche auch das theologische Problem der Anerkennung eines jüdischen Staates: Fast zwei Jahrtausende hindurch habe christliche Theologie die Zerstörung des Tempels und die jüdische Diaspora als "gerechte Strafe für den 'Gottesmord' an Jesus" interpretiert. Gleichzeitig habe man die "Beerbung" des Volkes Israel durch die Kirche als "neues Israel" gelehrt. Erst das Zweite Vatikanische Konzil habe hier in großem Umfang ein Umdenken eingeleitet. Eine theologische Auseinandersetzung mit Israel als den Juden verheißenes Land sei dennoch nicht erfolgt.
Bodendorfer sieht als aktuelle Forderung an die katholische Kirche, das Phänomen des Staates Israel sowohl theologisch als auch politisch zu betrachten. Die Kirche müsse sich der Verheißung des Landes an das jüdische Volk bewusst sein, wie sie in der Bibel bezeugt wird. Dieses Bewusstsein fordere ebenso Solidarität mit dem jüdischen Staat wie die Einsicht, dass dieser Staat allen verfolgten und in Not befindlichen Juden auf der ganzen Welt zu einer Heimstatt wurde. Die Kirche habe aber auch das Recht, darauf hinzuweisen, dass die biblische Verheißung des Landes an Israel an die Einhaltung der göttlichen Gebote, der biblischen Sozial- und Rechtsordnung, gebunden war: "Die Kirche muss sich auf Grund der eigenen Unrechtsgeschichte gegenüber dem Judentum mit großer Demut dem Problem nähern, darf sich aber als Anwalt der Armen und Unterdrückten nicht den Forderungen nach einer ehrlichen und für alle Seiten befriedigenden Friedenslösung verschließen, die auch dem palästinensischen Volk dient".
Kathpress