Wiener Erzbischof nahm zu Diskussionen rund um die römische Erklärung «Dominus Iesus» Stellung - Kardinal trifft mit dem Vorstand des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich zusammen
Wien, 7.9.00 (KAP) Die neue römische Erklärung «Dominus Iesus» ist «kein Hindernis für die Ökumene, sondern eine Erinnerung an die eigene Identität». Das betonte Kardinal Christoph Schönborn am Donnerstag bei einem Journalisten-Gespräch in Wien. Der Wiener Erzbischof teilte zugleich mit, dass er am Freitag zu einem klärenden Gespräch mit dem Vorstand des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich (ÖRKÖ) zusammentreffen wird. Im Grunde enthalte das neue Dokument im Hinblick auf die Ökumene nichts anderes als das, was das Zweite Vatikanische Konzil vor 35 Jahren gesagt habe.
Kardinal Schönborn stellte klar, dass die Erklärung der Glaubenskongregation «selbstverständlich» nicht bestreite, dass es Heil «auch außerhalb der katholischen Kirche» gibt. Diesbezüglich habe das Zweite Vatikanische Konzil eine «klare Sprache gesprochen». Sowohl Nichtchristen als auch Christen anderer Konfessionen könnten zum Heil gelangen, das in jedem Fall ein Geschenk Gottes sei.
Das Dokument «Dominus Iesus» ziele vor allem auf «relativistische Positionen» ab, wie sie in der angelsächsischen und asiatischen «Theologie der Religionen» zu finden seien, betonte der Wiener Erzbischof. Diese Positionen ähnelten der Lessingschen Ringparabel: «Alle Religionen sind demnach nur Widerschein einer Wahrheit, die aber von keiner Religion ganz erfasst wird». Ein derartiger Standpunkt nehme «den eigenen Glauben nicht ernst und auch nicht - beim interreligiösen Dialog - den des nichtchristlichen Gesprächspartners». Es sei die Grundüberzeugung der Christen, dass Gott in Jesus Christus das «entscheidende heilbringende Wort» gesprochen hat. Christus könne daher nicht in eine Reihe mit den anderen Religionsstiftern gestellt werden, wie dies die Vertreter der «pluralistischen Religionstheologie» tun, betonte der Kardinal.
Der Wiener Erzbischof ging auch auf die Diskussionen ein, die eine Passage über die Kirche in dem neuen Dokument in der Ökumene ausgelöst hat. Alle Christen seien sich einig, dass Jesus nur eine Kirche gewollt habe, betonte Kardinal Schönborn. Das werde auch von allen im Glaubensbekenntnis feierlich proklamiert. Mit der Trennung könnten sich die Christen auf Dauer nicht abfinden, das sei die «große ökumenische Hoffnung und Herausforderung». Die katholische Kirche sei, wie das Dokument unter Berufung auf das Zweite Vatikanische Konzil zitiert habe, überzeugt, dass die Gemeinschaft mit dem Nachfolger des Petrus zum Kirchesein dazugehöre. Daher spreche das Konzil auch davon, dass «die Kirche, die Jesus gewollt hat, in der katholischen Kirche verwirklicht ist». Zugleich erinnere das Konzil aber daran, dass auch außerhalb der sichtbaren Grenzen der katholischen Kirche «vielfältige Elemente der Heiligung und der Wahrheit» zu finden sind. Der Petrus-Dienst der Einheit sei aber für die katholische Kirche «unaufgebbar»; doch hätten sowohl Paul VI. als auch Johannes Paul II. immer wieder dazu eingeladen, gemeinsam über die Art der Ausübung dieses Dienstes nachzudenken.
Nach katholischer Auffassung gehöre insbesondere das durch Weihe übertragene geistliche Amt in der Nachfolge der Apostel (apostolische Sukzession) und die Vollgestalt der Eucharistie zum Kirchesein, erinnerte der Wiener Erzbischof. Diesbezüglich gebe es mit den orthodoxen und altorientalischen Kirchen volle Übereinstimmung, mit den evangelischen Kirchen hingegen «Differenzen», weil diese in reformatorischer Zeit die apostolische Sukzession aufgegeben hätten. Der Kardinal hob hervor, dass es natürlich «niemandem zusteht, anderen Christen das Christsein abzusprechen», und dass «gelebtes Christsein nicht an konfessionelle Grenzen gebunden» sei.
Der Wiener Erzbischof forderte grundsätzlich eine «Entdramatisierung» der Diskussion über das neue Dokument. Es gebe «selbstverständlich keinen Schlussstrich» in Sachen Ökumene. In den vergangenen 30 Jahren habe es «immer wieder Momente gegeben, wo man gesagt hat: 'Das ist jetzt der Schlussstrich'», so Schönborn. Tatsache sei hingegen ein großer Fortschritt, wobei der Kardinal insbesondere an die vor einem Jahr in Augsburg unterzeichnete gemeinsame katholisch-lutherische Erklärung zur Rechtfertigungslehre erinnerte. Als damals hunderte - auch prominente - evangelische Theologen Einspruch erhoben, habe man katholischerseits auch nicht von einem «Schlussstrich» gesprochen. Auf dem Weg des ökumenischen Gesprächs gebe es immer wieder «Schwierigkeiten»; mit diesen «Schwierigkeiten» müsse man aber zurechtkommen, das sei ein «Dauerauftrag an alle christlichen Kirchen».
Fußwallfahrt in Hofbauers mährischen Heimatort
Kardinal Schönborn kündigte an, dass die Erzdiözese Wien von September 2000 bis Ende 2001 in besonderer Weise an den vor knapp 250 Jahren - am 26. Dezember 1751 - geborenen Wiener Stadtpatron Klemens Maria Hofbauer erinnern wolle. Der Pastoralrat der Erzdiözese hat beschlossen, das Arbeitsjahr 2000/2001 im Zeichen des Gedenkens an den populären Heiligen unter das Jahresprogramm «Den Menschen heute das Evangelium bringen» zu stellen. Hofbauer habe in der entchristlichten Zeit des frühen 19. Jahrhunderts «ganz neue Wege» beschritten, um das Evangelium präsent zu machen. Wie damals gehe es auch heute darum, die Menschen in der «Sprache ihrer Zeit» anzusprechen.
Wie der Wiener Erzbischof berichtete, gebe es ein interessantes Projekt, in einer «europäisch vernetzten Form» das Evangelium im großstädtischen Milieu neu zu verkünden. Partner der Wiener Erzdiözese bei diesem Projekt werden Lissabon, Brüssel und Paris sein. Schönborn: «Das ist ein kleiner Beitrag zur europäischen Integration».
Auftakt der neuen Initiativen in der Erzdiözese Wien ist eine grenzüberschreitende Fußwallfahrt unter Führung von Kardinal Schönborn von Wien in die Hofbauer-Heimatgemeinde Tasswitz/Tasovice in Mähren am 14. Oktober. Klemens Maria Hofbauer/Dvorak (der Name bedeutet in beiden Sprachen dasselbe) hatte in Mähren zunächst den Bäckerberuf erlernt. Er lebte eine Zeit lang als Einsiedler in der Nähe von Rom und studierte mit Unterstützung von Wohltätern in Wien und Rom Theologie. Dort trat er als erster Mitteleuropäer in den Redemptoristenorden ein. Von 1787 bis 1808 wirkte er in Warschau. Nach der Auflösung der Redemptoristenniederlassung in Warschau auf Anordnung Napoleons ging Hofbauer nach Wien. Hier wirkte er zuerst an der Minoritenkirche, seit 1813 als Beichtvater der Ursulinen und Kirchenrektor von St. Ursula; er starb 1820.
Wegen seiner entschlossen katholischen Haltung, die im Widerspruch zum josephinischen System des Staatskirchentums stand, wurde Hofbauer von der österreichischen Geheimpolizei scharf überwacht und vielfach behindert. Als Prediger und Seelsorger hatte er in Wien großen Einfluss auf Studenten, Gelehrte und Konvertiten, insbesondere auf einen Kreis von aus Deutschland stammenden Schriftstellern wie Friedrich Schlägel und Joseph von Eichendorff. Der Heilige gilt als der geistige Überwinder der antiklerikalen Strömungen der Aufklärung, des Jansenismus und Josephinismus in Österreich und als Bahnbrecher der kirchlichen Erneuerung.
Kathpress