Der Papst wirkt am zweiten Tag seiner Slowakeireise erholt
«Kathpress»-Korrespondentenbericht von Ludwig Ring-Eifel
Preßburg, 12.9.03 (KAP) Der Freitag war ein Tag der großen Erleichterung: Nachdem Papst Johannes Paul II. am ersten Tag seiner Slowakeireise durch seine Gebrechlichkeit schockiert hatte, war er am Freitag bei der Messe in Banska Bystrica (Neusohl) wieder in besserer Verfassung. Auf dem Hauptplatz der Bischofsstadt am Fuße des Tatra-Gebirges - der in seiner Namensgebung an den antifaschistischen Aufstand des Jahres 1944 erinnert - feierte der Papst eine große Messe, mit der er zugleich feierlich die Diözesansynode von Banska Bystrica eröffnete.
Anders als am Vortag sprach der Papst mit relativ kräftiger Stimme und wirkte hellwach. Wegen Schwierigkeiten mit der Aussprache ließ er dennoch rund zwei Drittel seiner Predigt von dem slowakischen Kurienkardinal Jozef Tomko verlesen.
In seinem Predigttext ging der Papst auf die Hauptthemen seiner Reise ein, in deren Mittelpunkt die endgültige Abrechnung mit der Ära der kommunistischen Diktatur und eine christliche Orientierung für die Slowakei am Vorabend ihres EU-Beitritts standen. Vor einer barocken Madonnenstatue, die unter kommunistischer Herrschaft demontiert und 30 Jahre lang weggestellt worden war, erinnerte er an die «noch nicht fernen Jahre eines dunklen Regimes», dessen stumme Zeugin die leere Mariensäule gewesen sei.
Unter den Bedingungen einer freien Gesellschaft sollten die Christen den Weg zu einer «reifen Freiheit» finden, betonte der Papst. Er kritisierte, dass viele Getaufte ihren Glauben noch nicht in einer erwachsenen und bewussten Weise zu leben gelernt hätten: «Sie nennen sich Christen, aber reagieren nicht mit voller Verantwortung auf die empfangene Gnade; sie wissen noch nicht, was sie wollen und warum sie es wollen». Das Wichtigste sei daher, dass die Eltern ihre Kinder zum rechten Gebrauch der Freiheit erziehen, denn in der Familie werde die Zukunft einer Nation herangebildet.
Die rund 100.000 Gläubigen feierten den Papst mit begeistertem Beifall. Zu Beginn der Messe hatten sie lange abwechselnd mit getragenen Marienliedern und in bangem Schweigen auf das Eintreffen Johannes Pauls II. gewartet, der mit einer halben Stunde Verspätung auf der Altarinsel erschien. Doch als die Menschen den Papst lächeln und ausführlich grüßen sahen, löste sich die Anspannung in der Menge und wich einer dankbaren, freudigen Stimmung.
Die unterschiedlichsten Erklärungsversuche machten die Runde, warum es dem Papst plötzlich wieder besser geht. «Es muss wohl an der Luft der Tatra liegen», scherzte ein sehr erleichtert wirkender polnischer Priester im Papst-Gefolge. Tatsächlich liegt Banska Bystrica nicht weit entfernt von den Tatra-Skigebieten, in denen sich Karol Wojtyla in seiner Krakauer Zeit stets besonders wohl gefühlt hatte.
Nach der festlichen Messe stand ein Essen des Papstes mit den slowakischen Bischöfen im örtlichen Priesterseminar auf dem Programm. Für den Papst war das Treffen Gelegenheit für eine ungewöhnlich positive Bilanz des Umbruchs nach der kommunistischen Zeit. Nicht nur habe die katholische Kirche in der Slowakei eine der härtesten Verfolgungen im gesamten Ostblock mit Hunderten von Verhaftungen, Schauprozessen und Foltern überlebt, sie sei auch gestärkt aus der Ära der Märtyrer hervorgegangen. In kaum einem anderen Reformstaat, vielleicht mit Ausnahme Polens, gibt es eine vergleichbare Blüte an Priesterberufungen, ein lebendigeres Gemeindeleben und eine zu neuer Kraft erwachte Volksfrömmigkeit.
Für den Papst war dies ein Anlass, die Bischöfe dazu aufzurufen, aktiv den Dialog vor allem mit der Jugend zu suchen. Sie orientiert sich auch in der Slowakei nicht mehr selbstverständlich an den Lehren der katholischen Kirche.
Kathpress
12. september 2003